Nun widmet sich Demis Volpi der vielschichtigen Vorlage, die geradezu für den Tanz prädestiniert ist, sowohl auf inhaltlicher als auch auf ästhetischer Ebene: mit ihren stark gezeichneten Figuren, allen voran die Titelfigur Salome selbst, und der aufgeladenen Atmosphäre, in der die Geschichte spielt.
Ein neues Handlungsballett von Hauschoreograph Demis Volpi. Nach seinem Erfolgsstück Krabat von 2013 kreiert Volpi auf Basis von Oscar Wildes skandalumwobenem Schauspiel nun
zum zweiten Mal ein abendfüllendes Stück für die Bühne des Opernhauses.
Der Name SALOME steht seit Jahrhunderten in Verbindung mit dem Tod Johannes des Täufers. In der biblischen Geschichte verspricht der Herrscher Herodes seiner Stieftochter Salome, ihr jeden Wunsch zu erfüllen, wenn sie nur für ihn tanze. Der Dramatiker Oscar Wilde stellt dem eine Begegnung zwischen Salome und dem Täufer voran, bei der Johannes ihre begehrlichen Avancen abweist. Sowohl in der Bibel als auch bei Wilde verlangt Salome von Herodes für ihren Tanz den Kopf des Täufers. Ob sie aus Rache, aus Besitzgier, aus purer Lust oder kindlichem Frust den Kopf des sich ihr verweigernden Johannes verlangt, ließ Oscar Wilde zur Interpretation offen und regte damit bis heute immer wieder neue Interpretationen seines Werks an.
Der Autor Oscar Wilde: Ein scharfzüngiger Freigeist
Ausgangspunkt für Demis Volpis SALOME war auch das Leben des Autors selbst: Oscar Wilde, der zu Lebzeiten hochumstritten war. Mit seinen pointierten, gesellschaftskritischen Komödien machte sich Oscar Wilde einen Namen als Schriftseller; als extravaganter Dandy und scharfzüngiger Freigeist erregte er die Gemüter der prüden viktorianischen Gesellschaft. Wildes offener Umgang mit seiner eigenen Homosexualität wurde dem Autor letztendlich zum Verhängnis: Der Unzucht angeklagt, wurde Wilde 1895 zu zwei Jahren Zuchthaus und Zwangsarbeit verurteilt, es wurde ihm ein Rede-, Lese- und Schreibverbot auferlegt, seine Stücke wurden abgesetzt. Wilde verließ das Gefängnis als gebrochener Mann und starb wenige Jahre nach seiner Entlassung an den gesundheitlichen Folgen seiner Inhaftierung im Alter von nur 46 Jahren.
Seine SALOME sah er nie auf der Bühne; von der britischen Zensur verboten, wurde das Stück erst im Jahr 1896 in Paris uraufgeführt – während Wilde im Gefängnis saß. Aus heutiger Sicht frappierend sind die Parallelen zwischen dem Schicksal Oscar Wildes und dem seiner Salome: Die Titelfigur seines 1892 verfassten Werks ist – ganz anders als ihr biblisches Vorbild – eine junge Frau, die ihre Sexualität für sich beansprucht und vor keinem vermeintlichen Tabu zurückschreckt, um diese auszuleben. Damit erntet sie den Zorn des Herodes und bezahlt mit ihrem Leben.
Musik: Special Guest Tracy Silverman
Eine wesentliche Rolle in Volpis SALOME kommt natürlich auch der Musikauswahl zu: Weit über hundert Stunden Musik hat der Choreograph gehört, um letztendlich die richtigen Kompositionen für „seine“ SALOME zu finden. Wie schon bei Krabat kommen Werke zeitgenössischer Komponisten zum Einsatz: Dazu gehören Stücke von Vladimir Martynov und Tracy Silverman, der Großteil der Musik stammt jedoch von John Adams, einem der bekanntesten Vertreter der Minimal Music und angesehensten lebenden US-amerikanischen Komponisten. Adamsʼ Kompositionen bestechen durch ihre Ausdruckstiefe, reiche Harmonien und eine brillante Klangwelt.
Eines der Werke, die Volpi aus Adamsʼ Oeuvre ausgewählt hat, ist eine Komposition für Tracy
Silverman, einem Violinisten, der von der BBC als „der großartigste lebende Interpret an der elektrischen Violine“ gepriesen wird. So stieß der Choreograph auch auf Kompositionen von Tracy Silverman selbst, in denen sich dessen virtuoses Können an der E-Violine mit Einflüssen aus unterschiedlichsten musikalischen Stilen und Kulturen verbindet. Zwei seiner Werke werden ebenfalls in SALOME zu hören sein.
Sowohl The Dharma at Big Sur und den 3. Satz Toccare aus dem Violinkonzert von John Adams als auch seine eigenen Kompositionen wird Tracy Silverman selbst bei der Uraufführung von SALOME und bei vier weiteren Vorstellungen am 15. und 17. Juni sowie am 2. und 7. Juli 2016 zusammen mit dem Staatsorchester Stuttgart spielen. Bei den fünf übrigen Vorstellungen werden die Ersten Konzertmeister des Staatsorchesters Stuttgart die Solopartien übernehmen:
Wolf-Dieter Streicher wird The Dharma at Big Sur und die Kompositionen von Tracy Silverman auf der E-Violine spielen, Elena Graf spielt John Adamsʼ Violinkonzert auf der klassischen Violine. Die Musikalische Leitung übernimmt James Tuggle.
Auch sonst steht dem Hauschoreographen des Stuttgarter Balletts ein eingespieltes künstlerisches Team zur Seite: Wie bereits bei seinem ersten erfolgreichen Handlungsballett arbeitet er zusammen mit Vivien Arnold (Dramaturgie und Libretto), Katharina Schlipf (Bühne und Kostüme) und Bonnie Beecher (Licht).
SALOME
Ballett von Demis Volpi nach Oscar Wilde
Choreographie Demis Volpi
Musik John Adams, Vladimir Martynov, Tracy Silverman u.a.
Libretto und Dramaturgie Vivien Arnold
Bühne und Kostüme Katharina Schlipf
Licht Bonnie Beecher
Musikalische Leitung James Tuggle, Staatsorchester Stuttgart
DER MOND|Alicia Amatriain
SALOME|Elisa Badenes
JOCHANAAN|David Moore
HERODES|Roman Novitzky
HERODIAS|Miriam Kacerova
DER JUNGE SYRIER|Martí Fernandez Paixa
DER PAGE DER HERODIAS|Özkan Ayik
Weitere Vorstellungen Mi 15.06. // Fr 17.06. // So 19.06. // Di 21.06. // Do 23.06. //
Sa 25.06. // So 26.06. // Sa 02.07. // Do 07.07.2016