Die Figur des Juden Nathan – der weise lächelnd, mit Geschick, Geld und Geduld die religiösen Gegensätze seiner Gegenwart durch Freundschaftsversprechen überwindet – ist heute weltbekannt: Mit erstaunlicher Regelmäßigkeit taucht Nathan der Weise immer dann in den Spielplänen der Theater auf, wenn der sogenannte „Clash of Civilisations“ wieder Opfer gefordert hat. Der Berliner Theaterdirektor Claus Peymann etwa inszenierte „das Stück der Stunde“, wie er es nannte, als Antwort auf die Anschläge vom 11. September.
Das Stück Lessings Gespenster ist eine irrwitzige Reise durch die Trümmerhaufen der Geschichte – zwischen dem Traum einer gerechteren, aufgeklärten Welt und der unnachgiebigen Realität der Ereignisse der letzten gut 200 Jahre. Lessing wird mit den Gespenstern konfrontiert, die er selbst schuf: Figuren, Szenen und Gedanken aus Nathan der Weise; Wiedergänger aus der Zukunft der Aufklärung.
kainkollektiv begibt sich auf die Suche nach einem anderen Lessing, der uns heute vielleicht immer noch etwas zuflüstern möchte. Die Regiegruppe kainkollektiv, bestehend aus Alexander Kerlin, Fabian Lettow und Mirjam Schmuck, entwickelt seit 2005 experimentelle Theaterabende im Ruhrgebiet. Am Schauspiel Dortmund konzipierte und inszenierte sie 2010 gemeinsam mit sputnic die Reihe Stadt ohne Geld.