Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
ERFRISCHENDER OPTIMISMUS - Heidelberger Sinfoniker mit Sinfonien von Joseph Haydn ERFRISCHENDER OPTIMISMUS - Heidelberger Sinfoniker mit Sinfonien von Joseph... ERFRISCHENDER...

ERFRISCHENDER OPTIMISMUS - Heidelberger Sinfoniker mit Sinfonien von Joseph Haydn

August 2024

Pünktlich zu den Festivitäten rund um das 30jährige Bestehen der Heidelberger Sinfoniker erscheint diese Box mit 4 CDs beim Label Hänssler Classic. Der Dirigent Johannes Klumpp meint, dass der Heidelberger Haydn ein Ausbund an Dynamik, Frische, Wildheit, Humor und Überraschungsreichtum sei. "Meine musikalischen Begegnungen mit den Heidelberger Sinfonikern waren immer Reisen zum Glück", so Johannes Klumpp weiter. Idealismus, Liebe zur Musik und technische Perfektion würden sich hier mit dem Willen verbinden, etwas ganz Besonderes zu schaffen - und das alles passe perfekt in die symphonische Welt von Joseph Haydn.

Copyright: Label: Hänssler Classic

In der vorliegenden Box sind Vol. 32, 33, 34 und 35 enthalten - mit den 11 noch fehlenden Sinfonien. Die Gesamteinspielung der Sinfonien erlaube eine Betrachtung der Entwicklung Haydns über Jahrzehnte hinweg, präsentiere seine Originalität und vor allem viele beinahe nie gespielte Kompositionen seines Frühwerks, so Klumpp. Idealismus, Liebe zur Musik und technische Perfektion würden sich hier mit dem Willen zum ganz Besonderen paaren. Klumpp möchte Musik zu den Menschen bringen und nutzt deshalb die Form des moderierten Konzerts.

Bei der Sinfonie Nr. 66 blitzt in reizvoll-schelmischer Weise die Melodik hervor. Die Heidelberger Sinfoniker musizieren unter Klumpp sehr durchsichtig und akzentuieren jedes Detail akribisch. Im Kontrast dazu steht die düster-tragische Sinfonie Hob. 71, wobei die Bewegung des Allegro con brio voll ausgekostet wird. Unisono- und Synkopen-Passagen beleben das harmonische Klangbild erfrischend. Eigenartige Themenbildung, dynamische und harmonische Schroffheiten und witzige Details wechseln sich in rasanter Weise ab. Das strahlende D-Dur der Sinfonie Nr. 62 kommt bei dieser Aufnahme leuchtkräftig zum Vorschein. Die zweiten Geigen betören mit ihrem lyrischen Thema und den durchlaufenden Achteln den Hörer. Der Grundton des Optimismus und des heiteren Frohsinns ist hier überall herauszuhören.

Volkstümliche Frische beherrscht außerdem die Wiedergabe der Haydn-Sinfonien Nr. 74, 76, 77, 78 und 81, wobei Johannes Klumpp mit den Heidelberger Sinfonikern das Kunststück gelingt, diesen Werken auch hintersinnigen Tiefsinn zu verleihen, den man nicht vergisst. Bei aller stürmischen Leidenschaftlichkeit kann diese Musik wunderbar innig sein. Doch "Papa Haydn" klingt dabei nicht übermäßig gravitätisch oder altväterlich, sondern zuweilen sogar forsch und ungemein jugendlich.

Das spürt man dann auch bei den Sinfonien Nr. 80, 79 und 91, die leider gegenüber den Sinfonien Nr. 88, 90 und 91 im Hintergrund stehen und im Konzertsaal vernachlässigt werden. Immer wieder stellt man hier fest, in welch hohem Maße Geist, Fantasie und Kunst an der bezaubernden Durchführung mitwirken. Da gibt es witzige Ausflüge in verblüffende Tonarten, federleichte Spiele mit vertrackten Themenpartikeln, Scheinschlüsse oder ähnliche Überraschungseffekte. Innere Spannung und scharfe dynamische Kontraste vernachlässigt der umsichtige Dirigent Johannes Klumpp mit den Heidelberger Sinfonikern nie. Die anmutig-beweglichen Allegro-Themen werden so mit lockerer Hand durch die Sätze gewirbelt. Und dennoch haben die Seitengedanken immer genügend Platz.

Bei der Es-Dur-Sinfonie Hob. 76 verblüfft insbesondere die Größe und Weite der Tonart. Majestätische Erhabenheit herrscht deutlich vor. Im zweiten Satz erzählen die Streicher eine eigenartige Geschichte. Auch bei der Sinfonie Nr. 81 überrascht vor allem im Finale die Weite der kompositorischen Anlage. Das Visionäre dieser Musik verstummt nie.
 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 16 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

PLÖTZLICH GIBT ES ZWEI KOBOLDE -- "Meister Eder und sein Pumuckl" mit der Jungen Württembergischen Landesbühne Esslingen in der Kelter Bietigheim

"Niemand muss an Kobolde glauben". Davon ist Meister Eder überzeugt. Julian Häuser und Philip Spreen schlüpfen virtuos in unterschiedliche Rollen. In der Bühnenfassung und Regie von Jan Müller (Bühne…

Von: ALEXANDER WALTHER

SONGS IN UNGEWÖHNLICHEM ARRANGEMENT -- Orchesterkonzert Jewish Pop im Schauspielhaus STUTTGART

In den vergangenen Jahren war "Jewish Jazz" der Schwerpunkt. Nun erkundet das 2005 gegründete Jewish Chamber Orchestra Munich unter der einfühlsamen Leitung von Daniel Grossmann die Popmusikgeschichte…

Von: ALEXANDER WALTHER

UNHEIMLICHE VERWANDLUNGEN -- "Der Untergang des Hauses Usher" mit dem Studiengang Figurentheater der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart im Wilhelma Theater Stuttgart

Sehr viele technische Tricks und faszinierende Einfälle besitzt diese gelungene Produktion des Studiengangs Figurentheater. In der suggestiven Regie von Stephanie Rinke können sich die gespenstischen…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUS DEM DUNKEL INS LICHT -- Neue CD: Die Würth Philharmoniker und Thomas Hampson (Bariton) bei hänssler Classic

Das dritte Album der Würth Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Claudio Vandelli präsentiert den berühmten US-amerikanischen Bariton Thomas Hampson. Die Würth Philharmoniker, die auf…

Von: ALEXANDER WALTHER

NORDISCHE KLANGFARBEN -- Neue CD "Northern Colours" mit Felix Klieser (Horn) bei Berlin Classics erschienen

Im Zentrum des neuen Albums von Felix Klieser (Horn) steht das inspirierende Werk "Soundscape - A Walk in Colours" op. 118 von Rolf Martinsson, der 1956 in Schweden geboren wurde. Der Komponist hat…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑
StartseiteBeiträgeKritikenHintergründeTheatermacherServiceFachbegriffeSuche