In der vorliegenden Box sind Vol. 32, 33, 34 und 35 enthalten - mit den 11 noch fehlenden Sinfonien. Die Gesamteinspielung der Sinfonien erlaube eine Betrachtung der Entwicklung Haydns über Jahrzehnte hinweg, präsentiere seine Originalität und vor allem viele beinahe nie gespielte Kompositionen seines Frühwerks, so Klumpp. Idealismus, Liebe zur Musik und technische Perfektion würden sich hier mit dem Willen zum ganz Besonderen paaren. Klumpp möchte Musik zu den Menschen bringen und nutzt deshalb die Form des moderierten Konzerts.
Bei der Sinfonie Nr. 66 blitzt in reizvoll-schelmischer Weise die Melodik hervor. Die Heidelberger Sinfoniker musizieren unter Klumpp sehr durchsichtig und akzentuieren jedes Detail akribisch. Im Kontrast dazu steht die düster-tragische Sinfonie Hob. 71, wobei die Bewegung des Allegro con brio voll ausgekostet wird. Unisono- und Synkopen-Passagen beleben das harmonische Klangbild erfrischend. Eigenartige Themenbildung, dynamische und harmonische Schroffheiten und witzige Details wechseln sich in rasanter Weise ab. Das strahlende D-Dur der Sinfonie Nr. 62 kommt bei dieser Aufnahme leuchtkräftig zum Vorschein. Die zweiten Geigen betören mit ihrem lyrischen Thema und den durchlaufenden Achteln den Hörer. Der Grundton des Optimismus und des heiteren Frohsinns ist hier überall herauszuhören.
Volkstümliche Frische beherrscht außerdem die Wiedergabe der Haydn-Sinfonien Nr. 74, 76, 77, 78 und 81, wobei Johannes Klumpp mit den Heidelberger Sinfonikern das Kunststück gelingt, diesen Werken auch hintersinnigen Tiefsinn zu verleihen, den man nicht vergisst. Bei aller stürmischen Leidenschaftlichkeit kann diese Musik wunderbar innig sein. Doch "Papa Haydn" klingt dabei nicht übermäßig gravitätisch oder altväterlich, sondern zuweilen sogar forsch und ungemein jugendlich.
Das spürt man dann auch bei den Sinfonien Nr. 80, 79 und 91, die leider gegenüber den Sinfonien Nr. 88, 90 und 91 im Hintergrund stehen und im Konzertsaal vernachlässigt werden. Immer wieder stellt man hier fest, in welch hohem Maße Geist, Fantasie und Kunst an der bezaubernden Durchführung mitwirken. Da gibt es witzige Ausflüge in verblüffende Tonarten, federleichte Spiele mit vertrackten Themenpartikeln, Scheinschlüsse oder ähnliche Überraschungseffekte. Innere Spannung und scharfe dynamische Kontraste vernachlässigt der umsichtige Dirigent Johannes Klumpp mit den Heidelberger Sinfonikern nie. Die anmutig-beweglichen Allegro-Themen werden so mit lockerer Hand durch die Sätze gewirbelt. Und dennoch haben die Seitengedanken immer genügend Platz.
Bei der Es-Dur-Sinfonie Hob. 76 verblüfft insbesondere die Größe und Weite der Tonart. Majestätische Erhabenheit herrscht deutlich vor. Im zweiten Satz erzählen die Streicher eine eigenartige Geschichte. Auch bei der Sinfonie Nr. 81 überrascht vor allem im Finale die Weite der kompositorischen Anlage. Das Visionäre dieser Musik verstummt nie.