Das Manuskript ist nicht erhalten, vermutlich hat Kafka es vernichtet.
Am 25. September 1912 begann er von vorne. Nur zwei Tage zuvor war es ihm zum ersten Mal gelungen, eine Erzählung (Das Urteil) in einer einzigen nächtlichen Sitzung zu Papier zu bringen. Kafka geriet in einen produktiven Rausch, der etwa vier Monate anhielt: Trotz seiner beruflichen Verpflichtungen und trotz der exzessiven Korrespondenz mit Felice Bauer (mit bis zu drei Briefen täglich) arbeitete er fast jede Nacht und vollendete sieben Kapitel des Verschollenen. Unterbrochen wurde diese Arbeit nur durch Die Verwandlung, die er ebenfalls in zügigem Tempo vollendete.
Obwohl Kafka die letzten Kapitel des Verschollenen wahrscheinlich klar vor Augen standen, gelang es ihm ab Ende Januar 1913 nicht mehr, die erforderliche Konzentration aufrecht zu erhalten. Erst im Herbst 1914 nahm er das Manuskript noch einmal vor und verfasste das Kapitel über ›Das Naturtheater von Oklahoma‹. Danach machte er keine weiteren Anstrengungen mehr, den Roman zu vollenden.
Jochen Ulrich zu seiner Choreografie:
Begonnen hat alles damit, dass ich vor drei Jahren Federico Garcia Lorcas Spaziergang des Buster Keaton als Ballettabend auf die Bühne gebracht habe. In dem Zusammenhang bin ich auf Kafkas Roman Der Verschollene gestoßen, und mir ist beim Lesen aufgefallen, dass die Hauptfigur des Karl Roßmann eigentlich eine Art Buster Keaton ist, ein Junge, der durch Amerika geht, dem alles mögliche zustößt, und der einfach immer weiter geht, den nichts aufhält, den aber auch nichts wirklich zerstört. Und dann stand am Anfang meiner Arbeit hier in Linz das Vorhaben, vor allem neue Stücke zu machen. Stücke, die heute entstehen, mit heutigen Künstlern, die mit unserer Zeit zu tun haben. Mit dieser Idee bin ich zu Dennis Russell Davies gegangen und habe ihn gefragt, welcher Komponist für diese Unternehmung denn am besten geeignet wäre. Wir waren uns sofort einig, dass das nur Kurt Schwertsik sein könnte. Mit ihm hatte ich schon in den 70er Jahren in Köln mein erstes abendfüllendes Ballett gemacht – Walzerträume, ein Abend über Vater und Sohn Johann Strauß. Ich finde, er hat den richtigen Geist für Kafka, er hat die Erfahrung, den Witz, den wirklich tiefen Lebensnerv – und er besitzt auch dieses tiefe Verständnis für innere Bewegung – das was wir auf die Bühne bringen, sind ja innere Bilder. Ich habe ihm dann ein Libretto geschrieben, und er hat die Musik dazu gefunden. In der Zwischenzeit haben wir wenig miteinander geredet, und als die Musik dann da war, habe ich eigentlich alles wiedergefunden, was ich mir gedacht hatte, und darüber hinaus sind noch viel mehr Dinge und Möglichkeiten darin. Für mich ist es jetzt wie eine Offenbarung.
Musik von Kurt Schwertsik
– Für Bariton und Orchester –
Lied-Texte: Kurt Schwertsik
Musikalische Leitung Dennis Russell Davies/Ingo Ingensand
Choreografie und Inszenierung Jochen Ulrich
Bühne und Licht Simon Corder
Kostüme Bjanka Ursulov
Choreografie Assistenz Kathleen Rylands
Dramaturgie Sarah Schäfer, Julia Zirkler
Karl Roßmann Jonatan Salgado Romero
Karls innere Stimme Martin Achrainer
Ein Slowake / Ein alter Diener /
Ein Liftboy / Ein Polizist Daniel Morales Pérez
Ein Heizer / Robinson Martin Vraný
Schubal, der Obermaschinist /
Delamarche Ziga Jereb
Senator Jakob, Karls Onkel Fabrice Jucquois
Johanna Brummer,
das Dienstmädchen / Eine Fotografin Clara Pascual Martí
Der Kapitän / Pollunder,
Geschäftsfreund des Onkels /
Ein Liftboy Wallace Jones
Green, Geschäftsfreund des Onkels /
Der Hoteldirektor Alexander Novikov
Ein Küchenmädchen /
Fanny, eine Freundin Ilja van den Bosch
Ein Küchenmädchen /
Klara, Pollunders Tochter Katharina Neuweg
Ein Küchenmädchen / Eine Fotografin Paula Santos
Ein Küchenmädchen /
Therese, die Hotelsekretärin Anna Štěrbová
Ein Küchenjunge / Ein Diener /
Ein Liftboy Gabriel Wanka
Mack, Karls Trainer Matej Pajgert
Eine Journalistin / Karls Mutter /
Eine vornehme Dame Lucia Patoprstá
Die Klavierlehrerin Maki Namekawa
Ein Diener / Ein Liftboy Amadeus Berauer
Die Oberköchin Irene Bauer
Thereses Mutter / Ein Dompteur
im Naturtheater von Oklahoma Sarah Deltenre
Brunelda,
eine ehemalige Opernsängerin Darie Cardyn
Schiffspassagiere / Schiffspersonal /
Hafenpolizei / Hotelpersonal /
Hotelgäste Ensemble
Schiffspassagiere / Schiffspersonal /
Karls Vater / Hotelgäste /
Arbeitssuchende im
Naturtheater von Oklahoma Bewegungsensemble Landestheater Linz
Bruckner Orchester Linz