Was folgt, ist kein Plot, keine durchkomponierte Geschichte, sondern Anrisse verschiedener Szenen, die mit unserer Gegenwart spielen. Da gibt es irritierende Nachrichten aus der Stadt – was ist geschehen? Eine Schauspielerin beschwert sich und wird zur Ordnung gemahnt. Dann finden sich zwei Schauspieler hinter der Szene wieder und erzählen nahezu alltäglich vom Ehemann, der sich vom Oppositionellen zum Parteikarrieristen gewandelt hat. Hat das etwas mit der Burkini-Frage zu tun? An anderer Stelle möchte ein Migrant (??) fürs Theater vorsprechen, doch dessen Versuch wird als zu lau befunden. Und, und, und … Werden wir überwacht und gesteuert? Oder ist da etwa ein Schläfer unter uns?
Mit der Wut eines jungen Mannes befeuert der Autor Azan Garo aktuelle Debatten. Ihm geht es weniger um das eine erklärende Narrativ als darum, die allgemeine Verunsicherung auf ihre Substanz hin zu hinterfragen. Dafür unterläuft er Rezeptionsgewohnheiten und irritiert mit einem Pluralismus an Mitteln. In hart gefügten Schnitten verändert er schlagartig Deutungsmöglichkeiten und intensiviert beim Rezipienten das Gefühl unbestimmter Bedrohung. Dem stellen sich Regisseur Stephan Beer und die Spieler im Rahmen der derzeitigen Probenarbeit. Ausstatter Georg Beer hat Kostüme entworfen, die körperliche Deformationen ausstellen. Außerdem wird es Masken geben, die von Portraits Francis Bacons inspiriert sind. Die zu erwartenden Verfremdungen unterlaufen naturalistisch geprägte Sehgewohnheiten.
Der Autor Azan Garo
Azan Garo wurde 1988 in Mongagua / Brasilien geboren und wuchs zwischen Peru und Deutschland auf. Als Kind träumte er davon, Seefahrer und Pirat zu werden. Aber Brecht in Lima, das „teatro oficina“ und eine Aufführung der „Hamletmaschine“ in Sao Paulo haben ihn fürs Theater begeistert. Sprachwissenschaftliche Schnupperstudien lockten ihn schließlich in die Backstage-Zonen von Off-Theatern. Als Experte für externe Sprachen und Soundsysteme im Kontext mehrsprachigen Theaters nahm er an experimentellen Radioprojekten teil und arbeitet seither als freischaffender Filmschnitt- und Soundeditor. Er studierte Theaterwissenschaft und Germanistik in Sao Paolo, München und Berlin. Seit 2009 lebt Azan Garo in Berlin und Brandenburg. Von September bis November 2016 weilte er für einen literarischen Arbeitsaufenthalt in Odessa / Ukraine.
Das PhobiaDrama „InnerOuterCity“ ist sein erstes Stück für Theater. Inspiriert durchs aktuelle Zeitgeschehen und Sciene-Fiction-Hörspiele wie „Centropolis“ von Werner Adler, Inszenierungen von Kay Voges und René Pollesch, Debatten im Betriebssystem Theater, Schläfer, Snowden, Google und der NSA, umkreist „InnerOuterCity“ in 29 Szenen Anrisse allgemeiner Verunsicherungen, die schwer greifbar, quasi schleichend daherkommen. Aktuell schreibt Azan Garo an seinem ersten Roman „Schädelwald Wüste Welt“.
Regie: Stephan Beer
Bühne und Kostüme: Georg Burger
Musik: Steffan Claußner
Es spielen: Magda Decker, Ulrike Euen, Maria Schubert, Konstantin Weber
Preisverleihung: 28. April 2017, 19.30 Uhr im Schauspielhaus Chemnitz, Theaterclub Exil.