Die Besessenheit nach Line bestimmt Sándors Leben. Die Uhrenfabrik, in der er täglich stupide Arbeit verrichtet, empfindet er als Gefängnis, die geselligen Runden mit anderen Exilanten in der Kneipe erregen seinen Widerwillen und die
attraktive Frau an seiner Seite lässt ihn kalt. Bis völlig unerwartet Line tatsächlich in sein Leben tritt…
Agota Kristof erzählt in ihrem Roman von einer süssen Lebenslüge, deren
Wahrheit sich langsam entfaltet. „Von all meinen Lügen“, heisst es
im Text, „ist diese die lustigste: dass ich zu dir gesagt habe, ich
möchte gerne meine Heimat wiedersehen.“
Agota Kristof, 1935 in Ungarn geboren, kam 1956 als Flüchtling nach Neuenburg, wo sie bis heute lebt. Hier war sie anfangs Fabrikarbeiterin, während sie bereits – wie Sándor in „Gestern“ – im Schreiben ihren Lebensinhalt sah. Ihren Durchbruch feierte sie mit dem Buch „Das grosse Heft“ (1986), das sie auf Französisch schrieb und das in mehr als dreissig Sprachen übersetzt wurde. „Gestern“ ist Agota Kristofs vierter Roman, der in einfacher und karger Sprache ihr Lebensthema behandelt – die Einsamkeit.
Der tschechische Regisseur Dušan David Parizek wurde 1971 in Brünn geboren.
Nach seinem Studium der Komparatistik und Theaterwissenschaften an der Universität München sowie Schauspiel und Regie an der Akademie für Darstellende Künste in Prag, gründete er 1998 das freie Ensemble „Prager Kammertheater“. Neben Uraufführungen tschechischer Dramatiker zeigt das Kammertheater vor allem Werke zeitgenössischer österreichischer und deutscher Autoren, die in neuen Übersetzungen oder Bearbeitungen gespielt werden. Parizek widmete sich in Prag mehrfach dem Werk Thomas Bernhards und Elfriede Jelineks, er inszenierte Stücke von Robert Musil und Roland Schimmelpfennig. Seit 2002 führt er regelmässig in Deutschland Regie, zuletzt am Deutschen Theater Berlin („Die Verwirrungen des Zöglings Törless“), am Staatstheater Dresden („Der Prinz von Homburg“) und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg („Die Hermannsschlacht“, „Kabale und Liebe“, „Dantons Tod“). Seine Prager Inszenierung von Franz Kafkas „Der Prozess“ wurde in der Umfrage der Theaterzeitung zur tschechischen „Inszenierung des Jahres 2007“ gewählt.
Regie/ Bühne Dušan David Parizek
Kostüme Kamila Polivková
Musik Roman Zach
Licht Ginster Eheberg
Dramaturgie Roland Koberg
Sandor/ Tobias Frank Seppeler
Yolande Lilith Stangenberg
Jean/ Beiz Sean McDonagh
Line Julia Kreusch
Koloman Aurel Manthei
Weitere Vorstellungen im Schiffbau/Box:
8./ 12./ 17./ 19./ 20./ 22. Mai, jeweils 20.30 Uhr
9./ 16. Mai, jeweils 19.30 Uhr
Weitere Vorstellungen im Juni 2010 sind in Planung