Deborah Epstein und Florian Barth nähern sich dem Werk des Bieler Autors Robert Walser und schaffen so einen flüchtig-filigranen Theaterabend voller Magie und tagediebischer Geschichten. Alles beginnt im Stadttheater Biel. Hier sieht der junge Robert Walser 1894 eine Inszenierung von Schillers «Räuber». Das Stück weckt in Walser eine tiefe Liebe zum Theater und lässt ihn ein Leben lang nicht mehr los. Viele Jahre später inspiriert der Schiller-Klassiker den Autor zu einem seiner wichtigsten Werke, dem sogenannten «Räuber»-Roman. Auf vierundzwanzig in fast unleserlich kleiner und dichter Schrift verfassten Manuskriptseiten fabuliert Walser in seiner unnachahmlich verwegen-verworrenen Erzählweise über einen verträumten Tagedieb, einem veritablen «Nichtsnutz», der an der Hand eines geradezu haarsträubend unzuverlässigen Erzählers durchs Leben irrt. Eine kohärente Handlung lässt sich kaum herausschälen, vielmehr steht die Lust am Erfinden, an der Behauptung im Zentrum.
Mit der Uraufführung von «Die Wärme sollte kälter und die Kälte wärmer sein» findet der «Räuber»-Roman nun gewissermassen zu seinem Ursprung zurück. Für Theater Orchester Biel Solothurn machen sich die Regisseurin Deborah Epstein und der Ausstatter Florian Barth daran, Robert Walsers wunderbar fantasievolle Erzählwelten für die Theaterbühne zu adaptieren – wobei besagter «Räuber»-Roman als Hauptvorlage dient. Das Regieteam ist dem TOBS-Publikum bestens bekannt, hat es sich doch vor einigen Jahren mit dem Peter Bichsel-Abend «Mit wem soll ich jetzt schweigen?» bereits einem anderen Leuchtturm der Schweizer Literatur angenähert. Ausgehend von den poetischen Texten Robert Walsers machen sich Epstein und Barth auf, die Wahrheit auf dem Theater zu untersuchen – oder ihr zumindest einen Schritt näher zu kommen. Sie laden das Publikum dazu ein, dem «traumhaften» Wesen des Theaters, wie es Walser in seinem Werk beschreibt, auf den Grund zu gehen und es in allen Facetten zu erleben: Das Theater als Ort der Illusionen, als das «wahre Unwahre, das Ergreifende und zu guter Letzt das Schöne.»
Die von Deborah Epstein erdachte Textfassung vereint in einem Reigen liebenswürdig-skurriler Figuren das ganze TOBS-Schauspielensemble. Ausstatter und Multimedia-Künstler Florian Barth kreiert hierzu eine fantasievolle Bühnenwelt und ein magisch-verspieltes Hörerlebnis. So entsteht ein wunderbar sinnlicher Theaterabend, welcher lustvoll mit Konventionen bricht, der Wahrnehmung ein Schnippchen schlägt und in eine schwärmerische Welt der Illusionen entführt. «Das Theater ist ein Traum», schrieb Robert Walser einmal. Wie Recht er damit hatte, wird in «Die Wärme sollte kälter und die Kälte wärmer sein» am eigenen Leib zu erfahren sein.
Fassung und Inszenierung Deborah Epstein
Ausstattung, Video und Soundinstallation Florian Barth
Licht Samuel Schmid
Dramaturgie Adrian Flückiger
Mit Barbara Grimm
Natalina Muggli
Atina Tabé
Günter Baumann
Jan-Philip Walter Heinzel
Tim Mackenbrock
Werkeinführung jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn.
Vorstellungsdaten
Solothurn, Stadttheater
Fr 29.04.16 19:30 Premiere
Di 03.05.16 19:30
Fr 06.05.16 19:30
Sa 21.05.16 19:00
Do 02.06.16 19:30
Mi 15.06.16 19:30
Biel, Stadttheater
Di 10.05.16 19:30 Premiere
Mi 25.05.16 19:30
Fr 27.05.16 19:30
Sa 04.06.16 19:00
Auswärtige Vorstellungen
Do 19.05.16 19:30 Casino-Theater Burgdorf