Johanna Kapteins „BRD-Fragmente“ rekonstruieren in vielstimmigen Gesprächen und Bildern aus den einzelnen Jahrzehnten die deutsche Nachkriegsgeschichte.
Im zweiten Teil des Stücks langt man beinahe in der Gegenwart an. Die Enkelgeneration sieht sich mit einer unbewältigten Vergangenheit konfrontiert, die Erinnerung an Shoa und Holocaust steht zwar längst auf den Lehrplänen der Schulen, aber wie sieht es mit dem persönlichen Umgang damit aus? Bei Kaptein ist das Erinnern ein fortdauernder Prozess, der im Persönlichen, Privaten beginnen muss, um so vor der eigentlichen Katastrophe des Vergessens und damit der Wiederholbarkeit der Geschichte zu schützen.
Nada Kokotovic lässt in ihrer Inszenierung die Stimmen der bundesdeutschen Geschichte von vier Schauspielerinnen verkörpern. Neben Schlagern der Zeit kommen jiddische Lieder zum Einsatz, durchchoreografierte Passagen verleihen den körperlosen Stimmen unmittelbare Präsenz und Körperlichkeit. Die Inszenierung lässt dabei, wie im Fragmentarischen des Textes angelegt, genug Raum für Assoziationen und eigene Erinnerungsbilder.
Die 1974 in Hamburg geborene Autorin Johanna Kaptein gewann mit ihrem Stück „BRD-Fragmente“ den mit 4000,– Euro dotierten Leonhard-Frank-Preis 2009, der vom Mainfranken Theater jährlich in Kooperation mit der Leonhard-Frank-Gesellschaft Würzburg vergeben wird.
Inszenierung und Bühne: Nada Kokotovic
Kostüme: Hella Bünte
Dramaturgie: PetraPaschinger
Mit:
Maria Brendel
Anne Diemer
Anne Simmering
Anna Sjöström