Die Uraufführung spielt mit jenen verdunkelten und geheimnisvollen Situationen. Die beklemmende Gefühlswelt, wie sie der amerikanische Autor Edgar Allan Poe meisterhaft in seinen Erzählungen darzustellen vermochte, findet Thoss u.a. im Werk des polnischen Komponisten Henryk Górecki gespiegelt. Dessen Musik ist von seriellen Strukturen bestimmt, wie sie auch in den berühmten Bildern von M.C. Escher auftauchen mit den bedrohlich sich verengenden Zimmern und perspektivisch verschobenen Treppen und Höfen.
Geprägt wird die Choreografie durch die rätselhafte Geschichte um Ritter Blaubart, der seine dunkle Vergangenheit hinter verriegelten Türen seines Schlosses verborgen hält. Auf die Bedrohung seiner Gefühlswelt antwortet Blaubart mit wachsendem Misstrauen. Judith, der Geliebten, wird das Erforschen seiner inneren Welt zum Verhängnis, als sie eine Kammer entdeckt, in der sie seine früheren Frauen ermordet findet. Blaubart wird häufig als eine lebendige Burg beschrieben, die siebenfach durch Türen verschlossen ist. Die Räume stellen Seele und Bewusstsein eines männlichen Ichs dar, das sich weigert, Licht und Liebe einzulassen.
Was die Türen verbergen, welches Geheimnis die Kammern bewahren, ist vielfach deutbar. Ist das Eindringen in eine fremde, intime Sphäre ein Vertrauensbruch? Gibt es ein Recht auf Verdunkelung? Oder fordern die verschlossenen Türen nicht gerade dazu auf, geöffnet zu werden?
Aus der Faszination für das Unheimliche und Unerklärliche kreiert Stephan Thoss in seiner Uraufführung eine packende Choreografie, die dem Unaussprechlichen Form verleiht.
Musik von Henryk Górecki u.a.
Musikalische Leitung Wolfgang Ott
Choreografie Stephan Thoss
Es spielt das Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden