Das Richtige wird immer erst folgen. Wo aber ist es zu finden? "Hier entlang, bitteschön" – das sollte mal wieder jemand verkünden. Dann könnte ja befolgt werden, dann könnte endlich wieder nicht befolgt werden. Stattdessen Rücktrittler, Rückzügler allenthalben. Bevor jemand zum Feindbild hätte werden können, schafft er sich lieber ab. Ständig wird irgendwie irgendwas verabschiedet, Moden, Standards, Epochen, Menschen, um im nächsten Augenblick wieder aufzuerstehen. Was folgt, ist der ewige Zugaben-Track, nicht verklingen wollende letzte Lieder – nicht nur das Ende der Spaßgesellschaft, auch der Ausstieg aus der Atomkraft wird seit Jahren ausführlich zelebriert. Das Tote ist mit einem "vielleicht" versehen wie das Lebendige. Alles gerinnt zur Ähnlichkeit, alles rückt ineinander.
Einsam, kaum erträglich, wird da jede Entscheidung, wenn die Perspektive, nach der sie getroffen wird, fehlt, bzw. zuviele da sind, bzw. nur die eine bleibt: still und einfach zu funktionieren. Und weil das alle wissen, denkt jeder nur noch an das Eine: die Verweigerung, den ganz persönlichen Ausstieg. Das "I would prefer not to". Aber was? Was würde ich denn lieber nicht? Und: Was an seiner statt? Gott sei Dank ist zumindest eines sicher: Der Kapitalismus hat nach den Erschütterungen im vergangenen Jahr nun wirklich sein allerletztes Liedlein gesungen.
Hören wir also gemeinsam auf. Und zwar richtig. Auch mit dem ganzen Theater! Schmeißen wir endlich hin und machen wir unser eigenes Ding. Ein Liederabend! Geredet haben die Anderen schon genug, wir singen! Zwölf letzte Lieder werden es sein – und auch mehr. So viele, wie zu einem endgültigen Aufhören eben nötig sind. Schließlich geht’s ja auch uns um Quote. In jedem Fall: Bitte, bitte, rufen Sie: Aufhören! Nein, besser: Schluss jetzt! Oder, doch: Lauter! Sonst wird das alles nicht funktionieren.
Regie Nicolas Stemann
Bühne Jelena Nagorni, Nicolas Stemann
Kostüme Marysol del Castillo
Musik Thomas Kürstner/Sebastian Vogel
Video Claudia Lehmann
Dramaturgie Benjamin von Blomberg
Es spielen:
Margit Bendokat, Andreas Döhler, Felix Goeser, Barbara Heynen, Maria Schrader; Thomas Kürstner, Rainer Piwek, Nicolas Stemann, Sebastian Vogel