Nach der unaufgeklärten Mordserie von 2000 bis 2006 wurde im November 2011 der NSU aufgedeckt, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich getötet, Beate Zschäpe sich der Polizei gestellt. Seit Mai 2013 wird ihr und vier weiteren Angeklagten am Oberlandesgericht München der Prozess gemacht – der größte Strafprozess in Deutschland seit der Wiedervereinigung. Nicht nur das Gericht, sondern auch diverse Untersuchungsausschüsse bemühen sich um Aufklärung des Falls. Doch mit welchem Erfolg? Ende 2014 mit dem Ausblick auf ein weiteres Jahr Prozess und einem stetig anwachsenden Netz von Verwicklungen, Missverständnissen und Absurditäten im Zusammenhang der Untersuchung der NSU-Verbrechen, scheint eine Auseinandersetzung mit dem Thema nötiger denn je.
Es waren nationalistisch motivierte Taten. Warum betrifft es uns Deutsche so wenig? Was war die Rolle des Staates in diesem Verbrechenskomplex? Wir dürfen die Verantwortung nicht ausschließlich dem Gericht überantworten, nicht nur Juristen, Journalisten und Politiker in dieser Sache zu Wort kommen lassen – denn wo bleiben da die Emotionen? Es ist ein deutsches Verbrechen, dessen lückenlose Aufklärung nicht möglich scheint. Wäre das auch so, wenn die Opfer Deutsche ohne Migrationshintergrund gewesen wären? Wir stehen vor einem gesellschaftlichen Problem, das auf der Bühne verhandelt werden muss und das in seinem ganzen tragischen Ausmaß mit allen gebotenen Emotionen.
Nach der Produktion DIE DEUTSCHE AYSE, die im Juni 2014 sowohl mit dem Publikums- als auch dem Preis der Jugendjury auf dem NRW-Theatertreffen in Dortmund ausgezeichnet wurde, ist AUCH DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN die zweite Auftragsarbeit von Tuğsal Moğul für das Theater Münster. Moğul ist Theatermacher und Arzt, Westfale und Sohn türkischer Einwanderer. Über einen längeren Zeitraum recherchierte er umfangreiches Material, führte Gespräche und besuchte regelmäßig den NSU-Prozess in München.
Inszenierung: Tuğsal Moğul
Bühne & Kostüme: Kerstin Bayer
Dramaturgie: Friederike Engel
Video: Maximilian Krug
Choreografie: Erik Konstantin
Musik: Andreas Abegg
Mitwirkende:
Dennis Laubenthal, Lilly Gropper, Christoph Rinke
Weitere Vorstellung im Januar:
Dienstag, 27. Januar, 19.30 Uhr, U2