„Jeder Mensch ist ein Theater für sich, und das erleben wir wahrscheinlich am intensivsten im Theater selbst“, sagt Theresia Walser. Schauspieler*innen seien für das Publikum eine Art Vergrösserungsspiegel des eigenen Lebens. So gesehen sind die beiden Kammerspiele Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm und Nach der Ruhe vor dem Sturm nicht nur treffende Satiren über die Mechanismen und das Funktionieren des Theaters, sondern sie erlauben gleichzeitig erhellende und erheiternde Blicke auf das Spiel der Eitelkeiten im ganz gewöhnlichen Leben – in dem mit dem Verhältnis von Wirklichkeit und Illusion nicht minder raffiniert gespielt wird als auf der Bühne.
Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm handelt von drei Schauspielern, die auf den Auftritt in einer Talkshow warten. Es soll um ihr Metier und ihre Karrieren gehen, um das Schauspielen. Aber noch bevor die Kamera läuft, verstricken sich die drei in eine hitzige Debatte und verhandeln die Darstellbarkeit des Bösen, die Frage, ob man über Goebbels lachen darf, oder die These, dass ein Schauspieler gar keinen Regisseur braucht. Gleiche Ausgangslage in Nach der Ruhe vor dem Sturm. Diesmal sind zwei altgediente Schauspielerinnen bereit für eine Talkshow. Die eine hat ihre Lebensrolle gefunden als Chefhostess in der Kreuzfahrtschmonzette Das Glücksschiff, die andere hat in grossen Frauenrollen brilliert und beherrscht den Selbstmord Penthesileas wie kaum eine andere. Auch die Frauen reden sich schon vor Sendebeginn mit heissen Themen warm – etwa mit den Fragen, wie man als Schauspielerin würdig von der Bühne abgeht, oder ob die Jahrtausende alte Pimmeldramatik aus der Pimmelperspektive noch up to date ist.
Als Fortführung und Variation ihres 2006 am Nationaltheater Mannheim uraufgeführten Stücks Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm schrieb Theresia Walser die Kurzkomödie Nach der Ruhe vor dem Sturm, welche 2018 an gleicher Stelle im Rahmen eines Doppelabends ihre Uraufführung erlebte. Die Kritik attestierte dem satirischen Doppelschlag eine „geradezu Thomas-Bernhard‘sche Boshaftigkeit“ und lobte die „gnadenlose Entlarvung menschlicher Schwächen“. In St.Gallen kommt der Höllenritt durch das Fegefeuer der Eitelkeiten als Schweizer Erstaufführung auf die Bühne. Im Herrenstück führt die Leitende Dramaturgin Anja Horst Regie, im Frauenstück Schauspieldirektor Jonas Knecht. Für die Ausstattung zeichnet Franziska Rast verantwortlich, für die Musik Patrik Zeller.
Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm
Inszenierung: Anja Horst
Ausstattung: Franziska Rast
Musik: Patrik Zeller
Dramaturgie: Anita Augustin
Regieassistenz: Sina Wider
Mit
Franz Prächtel: Bruno Riedl
Peter Söst: Marcus Schäfer
Ulli Lerch: Julius Schröder
Nach der Ruhe vor dem Sturm
Inszenierung: Jonas Knecht
Ausstattung: Franziska Rast
Musik: Patrik Zeller
Dramaturgie: Anita Augustin
Regieassistenz: Sina Wider
Mit
Irm König: Birgit Bücker
Liz Hansen: Diana Dengler
Ulli Lerch: Julius Schröder
Vorstellungen
Mittwoch, 14. September 2022, 20 Uhr (Premiere)
Dienstag, 20. September 2022, 20 Uhr
Freitag, 23. September 2022, 20 Uhr
Mittwoch, 28. September 2022, 20 Uhr
Sonntag, 2. Oktober 2022, 20 Uhr
Freitag, 7. Oktober 2022, 20 Uhr
Sonntag, 23. Oktober 2022, 20 Uhr
Freitag, 4. November 2022, 20 Uhr
Sonntag, 6. November 2022, 20 Uhr