Ingrid heiratet Mads Moën – und Peer entführt sie von ihrer eigenen Hochzeit. Allerdings lässt er nach nur einer Nacht wieder von ihr ab – denn er hat auf der Feier eine Frau getroffen, an die er ständig denken muss: Solveig.
Als gesellschaftlicher Außenseiter und für vogelfrei erklärt, flieht Peer Gynt in die Einsamkeit und scheint mit Solveig, die ihm folgt, endlich Ruhe zu finden in seinem rastlosen Leben. Dann aber wird er von einem Troll an seine Vergangenheit erinnert, was ihn erneut die Flucht ergreifen lässt. Bevor er in die Welt geht, kehrt er noch einmal zu seiner Mutter Aase zurück und kommt gerade recht zu ihrer Todesstunde.
Peer Gynt zieht hinaus in die große Welt. Er bereist ferne Länder, er macht Karriere. Immer weiter, immer höher. Er will Kaiser werden, dann die Welt chronologisch durchlaufen, wird in einem Irrenhaus in Kairo zum Kaiser der Selbstsucht gekrönt und überlebt als alter Mann nur durch seinen brutalen Egoismus einen Schiffsuntergang. Dem Leben aber, dem wahren Leben und dem eigenen Ich, kommt er nicht näher. Am Ende ist sein Leben vorbei. Und er ist wieder zurück, zu Hause, verlassen und allein. Sein Leben war ein Traum. Sein Traum.
Gerd Enno Rieger schrieb in seiner Ibsen-Biographie: „Die Phantasie ist zum zweiten Ich Peer Gynts geworden, sie macht aber auch seinen besonderen Charme aus. Peer ist nicht nur ein Lügner, der vor der Wirklichkeit flieht, sondern auch ein Dichter, der sie zu gestalten weiß.“ Von diesem Punkt aus betrachtet wird Peer Gynts Odyssee durch die Welt zu einer zu hinterfragenden Geschichte. Ist ihm das alles wirklich passiert? Oder sind all die Wesen und Orte nur Kreationen seiner Phantasie? Und ist die so gut gestaltet, dass er nicht mehr zwischen Wirklichkeit und Lüge unterscheiden kann? Peer Gynt ist ein Nichts, ein Nerd, ein Sonderling, ein Außenseiter. In seinem Dorf machen sie alle einen großen Bogen um ihn, wenn er sie nicht mit seinen absonderlichen Geschichten unterhalten soll. Oder sie reizen ihn so lange, bis sie sich mit ihm prügeln können. Oder sie füllen ihn ab. Aber dann gehört er dazu, steht im Mittelpunkt, ist jemand – Trollprinz, Geschäftsmann, Prophet, Altertumsforscher, Kaiser. All das ist Peer Gynt, wenn er der Wirklichkeit entflieht. „Du bist Peer Gynt? Und wenn: Ja! Wie viele?“ möchte man ihn fragen. „Sei du selbst!“ möchte man ihm raten.
Den Soundtrack zu Peer Gynts Suche nach dem eigenen Ich entwerfen und spielen live auf der Bühne René Szymanski und Tom Müller. Beide sind Mitglied der Chemnitzer Band Radar, die schon „Die Tragödie des Macbeth“ am Schauspiel Chemnitz musikalisch begleitete.
Claudia Bauer (Regie)
leitete von 1999 - 2004 das Theaterhaus Jena und war von 2005 - 2007 gemeinsam mit Enrico Lübbe als Hausregisseurin am Neuen Theater Halle engagiert. Ab Mitte der 90er Jahre machte sie sich deutschlandweit einen Namen als Regisseurin, u. a. an den Theatern in Stuttgart, München, Leipzig, Magdeburg, Wuppertal und Schwerin. Auch dem Chemnitzer Puplikum ist sie bekannt - durch ihre hochgelobte Inszenierung von Lessings „Miss Sara Sampson“ aus dem Jahr 2005.
Deutsch von Georg Schulte-Frohlinde
Regie: Claudia Bauer
Bühne und Kostüme: Patricia Talacko
Musik: Tom Müller, René Szymanski
Es spielen: Ellen Hellwig, Caroline Junghanns, Daniela Keckeis, Susanne Stein; Nikolaus Barton, Bernhard Conrad, Tilo Krügel, Urs Rechn und Mitglieder des Theaterjugendclubs „Die KarateMilchTiger“