Schöner, tiefer und harmonischer ist kaum ein anderes Violinkonzert, was Diana Tishchenko bei ihrer ausgefeilten Interpretation betonte. So wurde das wunderbar humane Ethos dieses Werkes hörbar. Die weihevoll-ernsten Themen besaßen keine Sentimentalität. Die vier bedeutungsvollen Paukenschläge zu Beginn erklangen sehr dezent und transparent - und das gesangliche Hauptthema des Allegro ma non troppo konnte sich gut entfalten. Der folgende modulierende Gedanke wirkte dann dramatischer und rhythmisch straffer, wobei der strömende Fluss der Musik nicht nachließ. Die Solovioline hüllte die Themen in hoher Lage in ein entrücktes Leuchten. Und auch die im Sonatenschema verarbeiteten Themen zeigten formale Klarheit. Erhabene Schlichtheit herrschte vor. Die Melodie des Larghetto erschien sphärenhaft. Und die Umspielungen der variierten Melodie in der Solovioline besaßen ergreifende Schönheit. Der ekstatische Unterton verfehlte seine Wirkungskraft nicht.
Der Monolog der Solistin Diana Tishchenko wirkte hier fast philosophisch und entrückt, wobei die Kadenz in geheimnisvoller Weise zum fröhlich tanzenden Rondo-Thema überleitete. Es kam zu einem abwechslungsreichen und rasanten Disput mit dem Orchester, wobei sich die thematischen Konflikte allmählich auflösten. Das Rondothema ergriff zuletzt in reizvoller Weise die Flucht - und das Orchester verabschiedete sich mit zwei kräftigen Akkordschlägen. Anschließend spielte Diana Tishchenko noch einen Ausschnitt aus einer Solo-Partita von Johann Sebastian Bach und den Melodia-Satz aus der Solo-Violinsonate von Bela Bartok als bewegende Zugaben mit Tremoli und Trillern.
Zum Abschluss folgte eine stark verinnerlichte Wiedergabe der Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 74 "Pathetique" von Peter Tschaikowsky, die er selbst wenige Tage vor seinem Tod im Jahre 1893 uraufführte. Das Ehrliche und Erschütternde dieser Musik kam in der gelungenen Wiedergabe mit dem Ludwigsburger Festspielorchester unter der Leitung von Vitali Alekseenok in berührender Weise zum Vorschein. Düster und suchend begann der leidenschaftliche erste Satz mit einer intimen Klage des Fagotts, aus der sich das erregt-drängende Thema des Allegro non troppo bildete. Auch der Schmerz der Liebe blitzte bei dieser Interpretation immer wieder sehr berührend auf.
Diese zweite Melodie trat hinter dem ersten Thema zurück. Und Vitali Alekseenok trieb das Orchester dann zu einer wild entfesselten Durchführung an. Der Schicksals-Rhythmus des "Leit-Themas" trat wieder heroisch hervor, um schließlich melancholisch zu versinken. Sehnsucht und Qual der Liebe beherrschten bei dieser Wiedergabe diese Weltabschiedsmusik mit ihren schwärmerisch gestalteten Melodien. Als eindringliche Coda meldete sich der Posaunen-Choral. Doch Vitali Alekseenok übertrieb hier nirgends.
Im gedämpften Stimmengewirr des Salons entfaltete sich dann der zweite Allegro-con-grazia-Satz. Der Fünfer-Rhythmus erschien dabei in dezenter Weise. Grandios gestaltet war der marschartige dritte Satz Allegro molto vivace. Hier spielte die Oboe fast frech auf das elektrisierende Marschthema an. Es hob sich aus der rasenden Betriebsamkeit immer deutlicher hervor. Und die Liebesmelodien kehrten im Finale in geheimnisvoller Weise wieder. Als ergreifender Klagegesang eines vom Tode Gezeichneten hinterließ diese Wiedergabe einen gewaltigen Eindruck, der sich immer weiter verstärkte. Als leidenschaftliches Adagio lamentoso trat der Satz hervor - und die symbolhaften Beziehungen zum ersten Satz wurden von Vitali Alekseenok wirkungsvoll herausgearbeitet.
Die enorme Energie zwang die Melodien im ersten Satz gleichsam nach oben - doch im Finale sanken die Tonfolgen der beiden Hauptthemen umso erschütternder herab. Zuletzt folgte nach den letzten Takten eine lange Pause, bis Vitali Alekseenok seinen Dirigierstab aus der Hand legte. Es wirkte wie eine ergreifende Mahnung an die Opfer des Krieges. Dann begeistert aufbrausender Schlussapplaus.