Zur Reihe der bisherigen Hausautor*innen zählen unter anderen Albert Ostermaier, Feridun Zaimoglu, Rebekka Kricheldorf, Ewald Palmetshofer, Theresia Walser sowie die Gewinner des Mülheimer Dramatikerpreises von 2017 bzw. 2018 – Anne Lepper und Thomas Köck – und der US-amerikanische Dramatiker Noah Haidle. Die auch als Essayistin höchst erfolgreiche Enis Maci, Hausautorin der laufenden Spielzeit, ist aktuell für den Mülheimer Dramatikerpreis 2019 nominiert.
Mit der Uraufführung eines neuen Stücks von Sivan Ben Yishai wird am 26. September 2019 die neue Spielzeit des Schauspiels am NTM eröffnet. Gemeinsam mit der Dramaturgie des Schauspiels und Partner*innen aus der Stadt gründet Sivan Ben Yishai außerdem das »Supranationaltheater Frauheim«, das sich als ist Ideenraum, Begegnungsort und »soziale Plastik« zugleich versteht. Das »Supranationaltheater Frauheim« dient der Auseinandersetzung mit den vielfältigen Formen der Kunst, mit Politik, Geschlecht, Herkunft, Sprache, Angst, Beruf und Berufung, Anpassung und Ungehorsam.
Christian Holtzhauer, Schauspielintendant, zur Auswahl der neuen Hausautorin: »Sivan Ben Yishai bringt in ihren Stücken Geschichte, Politik und eigene Biografie auf eine neue, auch formal ungewohnte Weise zusammen und scheut mit ihrem gesellschaftskritischen und feministischen Zugriff nicht die Auseinandersetzung mit der harten Wirklichkeit, mit Zerstörung und Unterdrückung. Bei den Freunden und Förderern bedanke ich mich herzlich für die Unterstützung und die großartige Zusammenarbeit.«
Prof. Dr. Achim Weizel, Vorsitzender der Freunde und Förderer des NTM, begrüßt die Entscheidung: »Die Freunde und Förderer unterstützen die Institution der Hausautorenschaft am Nationaltheater Mannheim seit über 20 Jahren. Der Werdegang der bisherigen Hausautorinnen und -autoren zeigt, wie erfolgreich und sinnvoll diese Zusammenarbeit ist – für das Theater genauso wie für die Nachwuchsdramatiker, die auf diese Weise Erfahrungen im Austausch mit dem Theater sammeln und sich weiterentwickeln können. Mit der Israelin Sivan Ben Yishai ist es gelungen, eine besonders interessante Autorenstimme zu gewinnen – in Berlin lebend, auf Englisch schreibend, mit einer gehörigen Portion Sprachwitz begabt und mit einem weiblichen Blick auf Geschichte und Politik.«
»Mit meinem Umzug nach Deutschland habe ich nach und nach das Regieführen als meine hauptberufliche Tätigkeit aufgegeben«, so Sivan Ben Yishai. »Je weiter ich mich von meiner Sprache entfernt fühlte, desto ausschließlicher beschäftigte ich mich mit dem geschriebenen Wort. Parallel dazu addierten sich mehr und mehr Stunden zu der Zeit, die ich damit verbrachte, eine neue Sprache zu lernen, zu sprechen, zu stottern. Sich für mich, die Stotternde, als Autorin – als Autorin des Hauses – zu entscheiden, ist ein Statement zur zeitgenössischen Sprache, zum zeitgenössischen Erzählen und zu Identitätspolitiken. Die Stotternde als Hausautorin einzuladen, könnte einen Aufruf ans Publikum bedeuten: einen Aufruf zum ›unlearning‹, zum Verlernen. Unlearning wovon? Unlearning eines ›Wir‹, zum Beispiel. Unlearning der Hochsprache als Ausdruck eines ›Wirs‹. Unlearning von Kunst und Autorschaft, Vätern und Überlegenheit. Unlearning von Geniekult.«
Vita
Sivan Ben Yishai, Autorin und Theaterregisseurin, geboren 1978 in Tel Aviv, lebt seit 2012 in Berlin. Sie studierte Theaterregie sowie Schreiben fürs Theater an der Universität Tel-Aviv und an der Schule für Visuelles Theater Jerusalem.
Ihr Stück »Your very own double crisis club« entstand als erster Teil ihrer Tetralogie »Let the blood come out to show them« und wurde bei den Berliner Autorentheatertagen 2017 uraufgeführt. Die Uraufführungen des zweiten und dritten Teils fanden jeweils als Auftragsarbeiten am Maxim Gorki Theater Berlin statt, wo auch der vierte und letzte Teil »Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight soldiers moonsick)« im Oktober 2018 als szenische Lesung beim Festival »Krieg im Frieden« erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Ihr Stück »Die tonight, live forever oder Das Prinzip Nosferatu« hat die Autorin für das Theater Lübeck geschrieben. Uraufführung war im November 2018. Für den WDR schrieb sie ihr erstes Hörspiel: »40 Grad im Schatten (aber kein Schatten hier)« wurde 2018 produziert. Sivan Ben Yishai schreibt auf Englisch und wird von Maren Kames ins Deutsche übersetzt.
sivanbenyishai.com
Ermöglicht wird der Aufenthalt der Hausautorin durch die freundliche Unterstützung der Freunde und Förderer des Nationaltheaters Mannheim e. V.