Die Überlieferung ist bekannt: Nur ein Volk unterwirft sich dem ruhmreichen assyrischen Feldherrn Holofernes nicht und wird deswegen mit dem Untergang bedroht: Judiths Volk. Im Zentrum dieser Überlieferung steht ein Bild: Eine Frau macht sich schön, geht ins Lager des Mannes, nimmt sein Schwert und schlägt ihm den Kopf ab. Was folgt, ist Befreiung und Dank ihres Volkes. So im apokryphen Buch 'Judit' in der Bibel. - Oder es erklingt ein Jubel-Chor: So in Vivaldis Oratorium 'Juditha triumphans' von 1716, dessen Festmusik in vollem Orchestersatz dem Drama eine barocke Archaik verleiht. Oder die Frau kehrt an Leib und Seele gedemütigt und gescheitert zu den Ihren zurück: Das ist Hebbels Lektüre der Figur mit dem psychologi-schen Instrumentarium des 19. Jahrhunderts.
Bei der Gegenwartsautorin Sibylle Berg kehrt die Schönheit als Waffe der Frau, die sonst nichts hat, sich vollends gegen sie selbst. Was bleibt, ist das Bild, immer gleich und immer verschieden, als Skandalon, das seit zweitausend Jahren Diskursgeschichte aus sich hervortreibt: Die Frau mit dem abgeschlagenen Kopf des Mannes in der erhobenen Hand. In Judith und Holofernes begegnen sich zugleich zwei Systeme, die sich anziehen, obwohl und weil sie sich vernichten müssen: Gemeinschaft gegen Einzelne, Glaube gegen Nihilismus, Gesetz gegen Anarchie, Askese gegen Maßlosigkeit.
Sebastian Nübling - dem Stuttgarter Publikum bekannt durch seine Schauspiel-Inszenierungen "I Furiosi" und "Reiher (Herons)" sowie "Carmen" an der Staatsoper Stuttgart - stellte sich nach Arbeiten in Basel und Hannover 2004 erstmals bei den Salzburger Festspielen vor mit einer Inszenierung von Christopher Marlowes "Edward II". Derzeit arbeitet er kontinuierlich an den Münchner Kammerspielen, dem Schauspiel Hannover und dem Hamburger Schauspielhaus. Zahlreiche seiner Inszenierungen wurden zu Festivals sowie dem Berliner Theatertreffen und den Mülheimer Theatertagen eingeladen.
Eine Koproduktion mit der Staatsoper Stuttgart und den Salzburger Festspielen 2009
Regie: Sebastian Nübling;
Komposition: Lars Wittershagen;
Musikalische Leitung: Lutz Rademacher/Jörg Halubek;
Bühne und Kostüme: Muriel Gerstner;
Licht: Gérard Cleven;
Dramaturgie: Kekke Schmidt, Xavier Zuber
Mit: Jonas Fürstenau, Daniel Gloger, Sebastian Kowski, Tajana Raj, Sebastian Röhrle, Dino Scandariato, Stephanie Schönfeld, Anne Tismer, Matias Tosi
sowie Tibor Brouwer, Silke Gäng, Christopher Kaplan, Angelika Lenter (Chor)