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Österreichische Erstaufführung: RECHNITZ (DER WÜRGEENGEL) von Elfriede Jelinek im SCHAUSPIELHAUS GRAZ

Premiere 16. März 2012, 19.30 Uhr, Hauptbühne. -----

In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1945 lud die Gräfin Margit von Batthyány-Thyssen auf ihrem Schloss in Rechnitz zu einem Fest der lokalen SS- und Gestapo-Männer. Es wurde eine rauschhafte Nacht, begleitet von einer bestialischen Tat.

Zu fortgeschrittener Stunde quälten und ermordeten einige der Festbesucher in unmittelbarer Nähe 180 jüdische Zwangsarbeiter und kehrten danach unverdrossen zum Fest zurück. Bis heute ist dieser Fall nicht bis ins Letzte aufgearbeitet worden. Viele der Täter kamen mit einer milden Strafe davon. Zwei Kronzeugen fielen, noch bevor sie ihre Aussage machen konnten, einem Fehdemord zum Opfer. Den beiden Haupttätern gelang die Flucht ins Ausland – mit Hilfe der Gräfin, die sich ihrerseits im schweizerischen Lugano niederließ und sich fortan erfolgreich der Pferdezucht widmete. Bis zu ihrem Lebensende wurde die Enkelin des Stahlmagnaten August Thyssen für diesen Vorfall nicht belangt. Das Massengrab der 180 Leichen hat man nicht gefunden.

 

Elfriede Jelinek lässt ausschließlich Boten berichten, als Überbringer unerwünschter Botschaften. Sie haben den Auftrag, uns Nachgeborenen das Unbeschreibliche begreifbar zu machen und dürfen nicht von der Bühne, solange dieser Auftrag nicht erfüllt ist. Die Autorin schafft eine Reminiszenz an die Exzesse der Eingeschlossenen in Luis Buñuels Film Der Würgeengel (1962) und verflicht verschiedene Quellen zu einem wild assoziierenden Textkoloss, der den Fall, ausgehend von heutigen wie damaligen Wissens- und Bewusstseinszuständen, durchforscht. So entsteht ein schichtenreiches Konvolut über ein kollektives Massaker, dessen Aufarbeitung immer wieder als lästig weggedrückt worden ist. Seit der Uraufführung 2008 an den Münchner Kammerspielen hat Elfriede Jelinek eine Inszenierung dieses Theatertextes in Österreich nicht erlaubt. Für das Schauspielhaus Graz macht sie nun eine Ausnahme.

 

Zur Autorin

Elfriede Jelinek

Geboren 1946 in Mürzzuschlag, lebt in Wien und München. Literarischer Durchbruch mit dem Roman Die Liebhaberinnen (1975). Zu ihren preisgekrönten Theaterstücken zählen Ein Sportstück (1998), Das Werk (2003), Ulrike Maria Stuart (2006), Die Kontrakte des Kaufmanns (2009) und Winterreise (2011). Im September 2011 wurde ihr jüngstes Stück Kein Licht. am Schauspiel Köln uraufgeführt. 2004 erhielt Elfriede Jelinek den Nobelpreis für Literatur.

 

Zum Regisseur

Michael Simon

Geboren 1958 in Neumünster. Der Regisseur und Bühnenbildner kam über die Bildende Kunst zum Theater. Regiearbeiten entstanden u. a. am Düsseldorfer Schauspielhaus, Schauspiel Frankfurt, Theater Freiburg und am Theater Basel. Lehrtätigkeit an der HfG Karlsruhe und der Zürcher Hochschule der Künste. Michael Simon setzte sich wiederholt mit dem Werk Elfriede Jelineks auseinander, zuletzt inszenierte er Winterreise am Staatstheater Karlsruhe (2011).

 

Regie & Bühne Michael Simon

Kostümobjekte Studierende Bühnengestaltung der Kunstuniversität Graz

Choreinstudierung Thomas Reichert

Musikalische Leitung Bernhard Neumaier

Video Sebastian Hirn

Dramaturgie Regina Guhl

 

Mit Nicola Gründel, Steffi Krautz, Christoph Rothenbuchner, Stefan Suske

Musiker Axel Mayer (Trompete), Karl-Heinz Tappler (Horn),

Bernhard Neumaier (Posaune), Georg Laller (Tuba)

 

Weitere Vorstellungen am 24., 29. und 30.März, 3., 4. und 18. April sowie ab Mai.

 

Tickets

T 0316 8000, F 0316 8008-1565 - E tickets@buehnen-graz.com

I www.schauspielhaus-graz.com

 

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