Der hart klopfende Rhythmus wird hier im Schreitrhythmus, aber auch mit elektrisierender Energie umgesetzt. Wenn in den Blechbläsern das majestätische Hauptthema erklingt, zeigen die Tänzerinnen und Tänzer einen leuchtkräftigen Einsatz. Siegessichere Trompetenfanfaren besitzen einen vorwärtsdrängenden Impetus, dessen immer wieder enorme sprungtechnische Intensität auch tänzerisch nicht nachlässt.
In Fortspinnungen, Nachsätzen und Fanfaren gehen hier die Tanzgruppen auf. Ein weiträumiger Streichergesang des zweiten Themas wird einfühlsam umgesetzt. Mit rüstigen Schritten drängt das dritte Thema in dieser Choreographie zur Entscheidung. Ein Choral erfleht den Beistand des Himmels. In der grandiosen Durchführung bezwingen die Tänzer dann alle Widerstände. Jäh drohen die Blechbläser mit dem scharf gezackten Rhythmus aus dem ersten Satz. Verwegenste Künste des Kontrapunkts zeigen die Möglichkeiten dieser Kompanie in all ihren beweglichen Facetten und Nuancen. Alle Energien der Finalthemen werden hier freigesetzt, schwindelerregende Höhen und nächtliche Tiefen durchmessen. In Strömen von Licht bricht die Macht der Widersacher zusammen, wenn in Trompeten und Posaunen das Kopfthema ertönt. Die Siegeshymne der Coda wird dann tänzerisch noch einmal eindringlich gesteigert.
Noch besser gelingt die Konzeption von "Umbo" in der einfallsreichen Choreographie von Leilane Teles und der suggestiven Musik von Tigana Santana. Auch die Kostüme von Teresa Abreu beweisen visuellen Tiefgang. Die "Erschaffung des Begehrens" wird dabei in allen Stadien konsequent umgesetzt. Es geht um den Wunsch, derjenige zu werden, der man sein möchte. Durch dieses Inspiriert-Sein wird ein unendlicher Kreislauf in Gang gesetzt, der nicht enden will.
Den stärksten Eindruck hinterlässt allerdings die Choreografie von "Cartas do Brasil", für die Juliano Nunes verantwortlich ist. Die Musik von Heitor Villa-Lobos ("Bachianas Brasileiras Nr. 8") passt hier sehr gut zum Thema "Briefe nach Brasilien". Erregende Rhythmik und raffinierte polytonale Klangmischungen greifen die Tänzer in subtiler Weise auf. Das Universum von Vögeln und Wäldern wird so in Form von Kindheitserinnerungen beschworen. Im Tanz vibrieren dabei Hände, Arme und Köpfe. In grünen Lichtkegeln erscheint Vogelflattern und das Rauschen von Blättern im Wind. Das geschieht in höchster Konzentration auf engstem Raum. Neue Sphären werden gleichsam in Lichtkegeln beschworen.
Das Kostümbild von Juliano Nunes erinnert an den brasilianischen Himmel (Kostümproduktion: Cassio Brasil). Filigrane Details wurden als Silhouetten von Hand auf die Körper der Künstler gemalt. Jubel, "Bravo"-Rufe und Blumen für die 2008 gegründete Sao Paulo Companhia de Danca.