Wer versucht ihn nun, ein Jahrzehnt später, nachdem er sich ein erfolgreiches Berufs- und Familienleben aufgebaut hat, mit Hilfe dieses Bildes zu erpressen? Paranoid, aber vorsichtig, sucht er seine drei ehemaligen Schulkollegen Malte, Johannes und Konstantin auf, die ebenfalls „Lieblingskinder“ von Pater Stein waren und deren Leben in ganz unterschiedlichen Bahnen verliefen. Wie in einem Kriminalfall werden die Spuren der einzelnen Lebensgeschichten zurück in die Vergangenheit verfolgt und das Geschehene aus verschiedenen Perspektiven untersucht.
Das Stück handelt weniger von Missbrauch an sich, als vom Umgang damit. Am Beispiel von vier Männern, die eine differenzierte Bandbreite von „Opfergeschichten“ aufweisen, zeigt Thomas Melle, wie jemand zum Opfer gemacht wird, sich als Opfer fühlt, wie sich der Opferstatus medial ausschlachten lässt und wie schwierig es ist, darüber zu sprechen. In komplizierten Problemlagen ist die Wahrheit nicht einfach zu finden, sondern entfaltet sich nur anhand einer Vielzahl von Perspektiven.
Thomas Melle, 1975 in Bonn geboren, studierte Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie in Tübingen, Austin (Texas) und Berlin. Er ist Autor vielgespielter Theaterstücke und übersetzte u.a. William T. Vollmanns Roman „Huren für Gloria“. Sein Debütroman „Sickster“ (2011) war für den Deutschen Buchpreis nominiert und wurde mit dem Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet. 2014 folgte der Roman „3000 Euro“, der auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand. 2016 erhielt Thomas Melle für sein Buch „Die Welt im Rücken“, eine Auseinandersetzung mit seiner manisch-depressiven Erkrankung, den Deutschen Buchpreis.
Inszeniert wird das Stück von Claudia Bossard, die in der Spielzeit 2015.2016 mit „lupus in fabula“ von Henriette Dushe auf sich aufmerksam machte und damit zu zwei bedeutenden Festivals der Gegenwartsdramatik eingeladen wurde. In der Spielzeit 2016.2017 setzte sie das Hörspiel von Ingeborg Bachmann „Der gute Gott von Manhattan“ in HAUS ZWEI um, das auch in der Saison 2017.2018 zu sehen war (letzte Vorstellung: 14. Februar 2018).
Claudia Bossard, geboren 1985 in Zug (CH), studierte Germanistik und Theaterwissenschaft an der Universität Bern. Während des Studiums inszenierte sie im Tojo Theater Oscar Wildes „Bunbury“ und konzipierte die Eigenproduktion „Ich bin ein Wort – holt mich hier raus“, die 2010 und 2011 mit dem Publikumspreis an den Theatertagen Aarau ausgezeichnet wurden. Es folgten Arbeiten in der freien Szene wie Tschechovs „Drei Schwestern“ und Dürrenmatts „Die Physiker“ in der Remise in Zürich. Zudem arbeitet sie als Dramaturgin für die Kollektive „vor ort“ und „deRothfils“. Von 2013 bis 2015 war sie Regieassistentin am Konzert Theater Bern und hat neben kleineren Arbeiten („TrèsOhr“ und Michèle Rotens „Predigten“) auch Rodrigo Garcias’ „Picknick auf Golgatha“, als deutschsprachige Erstaufführung verwirklicht. In der Spielzeit 2015.2016 brachte sie am Schauspielhaus Graz „Lupus in Fabula“ von Henriette Dushe zur Österreichischen Erstaufführung und wurde damit zum Heidelberger Stückemarkt und zu den Autorentheatertagen Berlin eingeladen; in der Saison 2016.2017 setzte sie das Hörspiel von Ingeborg Bachmann „Der gute Gott von Manhattan“ in HAUS ZWEI um, das auch in der Saison 2017.2018 weiterhin zu sehen war.
Regie Claudia Bossard
Bühne Frank Holldack
Kostüme Karoline Bierner
Dramaturgie Jennifer Weiss
Mit
Jesko: Nico Link
Konstantin: Pascal Goffin
Malte: Fredrik Jan Hofmann
Johannes: Mathias Lodd
weitere Vorstellungen am 28. März, am 5. und 24. April, jeweils 20.00 Uhr, sowie ab Mai
Tickets
T 0316 8000, F 0316 8008 1565, E tickets@ticketzentrum.at
I www.schauspielhaus-graz.com