Kirchturmglocken erklingen in der Dunkelheit. Es ist Nacht und damit Zeit für das Erscheinen traumhafter Wesen. Diese sind Transformationen mythischer Gestalten. Angeregt von Igor Strawinskys "Le Sacre du printemps", dessen Uraufführung sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt, verknüpft Akram Khan verschiedene Legenden miteinander. Gleich zu Anfang greift er auf eine andere prominente Opfergeschichte zurück: Abraham soll seinen Sohn Isaak opfern. Anders als im biblischen Original verhält sich Abraham aber nicht gottgefällig. Das Auserwähltsein ist keine Ehre, sondern eine Last. Erregt, verwirrt und golummartig nuschelnd beklagt er sich über seinen Auftrag.
Mit langsamen, gezierten Bewegungen befolgt die in einen weißen Reifrock gekleidete Herrscherin ein ausgeklügeltes Zeremoniell. Aus dem Kreis ihres Hofes trifft sie die Auswahl des Opfers, dem sie einen bizarren Spitzenhut aufs Haupt setzt. Nur ein Mitglied ihres Hofes scheint sich nicht an die Regeln zu halten und kugelt in faszinierenden Bewegungen durch den Raum. Im Hintergrund schleicht immer wieder ein faunartiges Wesen über die Bühne und ruft die Erinnerung an Nijinski in "L'après-midi d'une faune" wach. Ein Pärchen wie Adam und Eva verknäult sich zärtlich auf dem Boden. In atemberaubender Geschwindigkeit wird ein Sturm mit Seilen entfacht und zum Schluss schwingt eine goldene Kugel gewaltig aus.
Akram Khan spielt mit kollektiven Archetypen und deren kulturellen Ausprägungen und entfacht so eine gewaltige Bilderwelt mit einem rätselhaften Kern, der aus Träumen gespeist zu sein scheint und ungemein berührt - und das Publikum begeisterte.
Künstlerische Leitung, Choreografie: Akram Khan
Musik-Komposition: Nitin Sawhney, Jocelyn Pook, Ben Frost
Produktion: Farooq Chaudhry
von und mit: Kristina Alleyne, Sadé Alleyne, Ching-Ying Chien, Denis „Kooné“ Kuhnert, Hannes Langolf, Yen-Ching Lin, TJ Lowe, Christine Joy Ritter, Catherine, Schaub Abkarian, Nicola Monaco, N.N.
Kostümdesign: Kimie Nakano; Lichtdesign: Fabiana Piccioli; Bühne: Matt Deely; Dramaturgie: Ruth Little; Research: Joel Jenkins; Choreografische Assistenz: Andrej Petrovi?, Jose Agudo.
24. bis 26 Oktober 2013 im Tanzhaus NRW