Am 15.08.06 wurde die Spielzeit im Tanzhaus NRW in Düsseldorf mit der Vorstellung von drei verschiedenen Positionen des japanischen zeitgenössischen Tanzes mit den Kompanien Batik, Buto-sha Tenkei sowie Tomohiko Tsujimoto eröffnet. Alle drei Arbeiten wurden zum ersten Mal in Deutschland gezeigt.
Unter dem Titel "Shoku", was deutsch mit "Berühren" übersetzt werden kann, thematisierten sechs Tänzerinnen der Kompanie Batik unter der Leitung der Choreografin Ikuyo Kuroda Formen weiblicher Sexualität. Einem überaus kraftvollen Auftakt zur Musik des lautstarken Taiko, dem traditionellen japanischen Trommeln, folgten bald langsamere Bewegungen zu europäisch klassischer Musik. Die Tänzerinnen wirkten durch ihr aggressives Auftreten gar nicht aufreizend, sondern eher männerverschreckend. Dem entsprach auch die rote Farbe der Kleider. Selbst ein vage angedeuteter Striptease in einer bühnentechnisch karg angedeuteten Bar wirkte keineswegs erregend. Statt sich auf einen Partner einzulassen und sich damit vielleicht der Gewalt des Mannes auszuliefern, versuchten die Tänzerinnen sich lieber selbst zu befriedigen.
Das folgende zehnminütige Solo des jungen Choreografen und Tänzers Tomohiko Tsujimoto zur Technomusik zeigte eine Melange zeitgenössischer euro-amerikanischer und japanischer Tanzkunst. Was zunächst wie eine Gliederpuppe wirkte, entwickelte sich im Laufe des Auftritts zum Street-dancer. Einerseits verwendete Tsujimoto Elemente des Hiphop, wandelte diese aber durch die zeitlupenhafte Anwendung in eine Form des Butoh um. Die Verlangsamung dieser Köperbewegung stand in einem eigenartigen Kontrast zur schnellen, ohrenbetäubenden Musik. Thema der Aufführung schien allein die furiose Körperbeherrschung zu sein.
Danach zeigte das Quartett "Kobold" einen Ausschnitt einer größeren Arbeit des Choreografen Ebisu Torii und des Tänzers Mutsuko Tanaka des Ensembles Buto-sha Tenkei, die sich der Ästhetik des Butoh, einer tief in Japan verankerten, stark stilisierten modernen Tanztradition, verpflichtet fühlt. Hier war nun der Tanz völlig reduziert, hervorherrschend waren Mimik und Gestik, also gewissermaßen pantomimische Elemente. Japanisch kostümiert trat eine alte Frau auf, eine Art männlicher Dämon, dazu zwei halbnackte kriechende Frauen, die wohl Konkubinen darstellten sollten. Dem unbedarften europäischen Zuschauer, der mit der japanischen Volkssage oder Geistermärchen nicht vertraut ist, konnte sich die dargestellte Geschichte kaum erschließen, er musste sich auf die Macht der Bilder verlassen. Besonders hinreißend war der japanisch interpretierte Mambo.
Der japanische Tanz wie der an diesem Abend zu sehen war, zeigte drei verschiedene ästhetische Positionen, die im Unterschied zum europäischen Tanz jedoch auf eine Verlangsamung bzw. Reduktion von Bewegungen abzuzielen schienen.