Wäre sie mit ihrem Lockenkopf und ihrem Lächeln nicht so unglaublich sympathisch, dann könnte einem fast unheimlich werden vor Freude, dass sie da ist. Momo scheint vom Himmel gefallen zu sein, und alle Bewohner der kleinen namenlosen Stadt im Süden – Nino, der Wirt, seine Frau, Beppo Straßenkehrer, Gigi Fremdenführer und wie sie alle heißen – sind wie verwandelt, denn Momo schenkt ihnen Zeit. Doch ein dunkler Schatten legt sich über die scheinbare Idylle. Graue Herren erscheinen plötzlich im Ort und beginnen den Menschen vorzurechnen, wieviel Zeit sie sparen könnten, wenn sie angeblich nutzlose Tätigkeiten ganz einfach aus ihrem Leben streichen. Immer gehetzter werden die Tage, es gibt weder Pausen noch Vergnügen. Besonders die Kinder leiden darunter, denn sie werden seit Neuestem in sogenannten Depots verwahrt, wo sie „Nützliches“ für das Leben lernen sollen …
Nur das Geheimnis um Meister Hora, dem „Hüter der Zeit und der Stundenblumen“, kann diese freudlose Welt noch bannen. Wird es Momo gemeinsam mit ihrer neuen Gefährtin Kassiopeia gelingen, ihre Freunde vom Wahnsinn des Zeitsparens zu befreien? Michael Endes vielfach ausgezeichneter Roman wirbt für die Kraft der Muße, die definitionsgemäß nichts anderes ist als die „Zeit, die eine Person nach eigenem Wunsch nutzen kann“. Dass wir dieser bereits verlustig gegangen sind, in einer „Wüste der Ordnung“ leben, ortet Ende kritisch in unserem Geldsystem, mit dessen Problemen er sich zeitlebens auseinandergesetzt hat. Schon vor über 40 Jahren schrieb er: „In den alten Kulturstätten der Welt stand im Mittelpunkt der Tempel, die Kirche oder der Dom. Von dort ging die Ordnung des Lebens aus. Heute steht im Mittelpunkt jeder Großstadt das Bankgebäude.“
Michael Ende kam 1929 zur Welt und wuchs in München auf. Sein Vater war ein surrealistischer Künstler; im Wohnatelier der Familie trafen sich Maler, Schriftsteller und Bildhauer. Künstlerische, philosophische und religiöse Fragen wurden diskutiert, die Kreativität des Sohnes, der ein schlechter Schüler war, gefördert. Nach Ende des Krieges besuchte Michael Ende eine Schauspielschule und spielte Theater, später schrieb er Texte für Kabarett und Rundfunk. Ein ehemaliger Schulkamerad bat ihn 1958 um einen kurzen Text für ein Bilderbuch. Ende machte sich an die Arbeit, aus drei oder vier Seiten wurden fünfhundert. Mit „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ startete seine steil nach oben führende Karriere. Endes Werke haben heute eine Gesamtauflage von über 35 Millionen erreicht, sie wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt und vielfach verfilmt. Als Meister der Phantasiegeschichten hat er speziell mit seinen Romanen „Momo“ und „Die unendliche Geschichte“ eine begeisterte Anhängerschaft auch unter Erwachsenen gefunden. Michael Ende lebte abwechselnd in Deutschland und Italien, er starb 1995 in Stuttgart.
Michael Schachermaier wurde 1982 geboren und studierte in Wien Theater- und Kulturwissenschaft / Cultural Studies. Während des Studiums arbeitete er in diversen Sparten im Kulturbereich, u.a. am Austrian Cultural Forum New York, sowie für verschiedene Festivals und Theater, vorwiegend als Regieassistent und Inspizient, sowie als Produktionsleiter für die Salzburger Festspiele. Für die Bad Hersfelder Festspiele brachte er erstmals eigene Inszenierungen auf die Bühne. Michael Schachermaier inszenierte darüber hinaus u.a. am Volkstheater Wien, Landestheater Linz und Schauspielhaus Salzburg. Ab der Saison 2009/10 war er am Burgtheater tätig – zuerst als Regieassistent (u.a. bei Andrea Breth, Matthias Hartmann, Christoph Schlingensief und Alvis Hermanis), dann auch als Regisseur. Mit „Krabat“ gab Michael Schachermaier 2009 sein Debüt am Theater der Jugend. Es folgten u.a. „Die Schatzinsel“, „Odysseus“, und „Der Hund der Baskervilles“. In der Spielzeit 2014/15 inszenierte Michael Schachermaier „Die drei Musketiere“ für das Theater im Zentrum sowie „Die Brüder Löwenherz“ für das Renaissancetheater.
in einer Fassung des Theaters der Jugend
ab 6 Jahren
Regie: Michael Schachermaier
Ausstattung: Jan Maier / Karoline Hogl
Licht: Christian Holemy
Figurenbau: Julia-Elisabeth Beyer
mit Shari Asha Crosson, Horst Eder, Julia Edtmeier, Frank Engelhardt, Emanuel Fellmer, Anatol Käbisch, Clemens Matzka, Stefan Rosenthal, Michael Schusser
Weitere Vorstellungen: bis 21. November 2015