Von Wolfgang Amadeus Mozart war dann eine sehr eigenwillige Interpretation der Klaviersonate Nr. 13 in B-Dur KV 333 zu hören, wo Elena Bashkirova vor allem die thematischen Zusammenhänge minuziös offenlegte. Virtuose und konzertante Elemente kamen hier auch nicht zu kurz. Assoziationen zu Johann Christian Bach ergaben sich wie von selbst. Und auch die Wiederholung der Motivformen gestaltete die Pianistin stets abwechslungsreich. Der Raum einer Septime von G abwärts zu A schien den Raum auszufüllen. Dann gestaltete sie das Seitenthema mit sehr viel Spannung und Energie, die sich rhythmisch und dynamisch in leidenschaftlichen Septimensprüngen steigerte. Die sakrale Stimmung des zweiten Andante-cantabile-Satzes in Es-Dur betonte Elena Bashkirova mit geheimnisvollen Assoziationen zur "Zauberflöte". Das getragene Melos korrespondierte mit klarer Drei- und Vierstimmigkeit. Kühn wirkte bei dieser Wiedergabe der Durchführungsteil. Im Finale triumphierte dann deutlich der konzertante Charakter. Dieser verkappte Konzertsatz mit Tutti- und Solostellen verlor nie seinen klangtechnischen Reiz. Das Hauptthema stürmte im Septimen-Intervall von G bis A dahin.
Ganz ausgezeichnet interpretierte Elena Bashkirova nach der Pause die "Poetischen Stimmungsbilder" op. 85 von Antonin Dvorak. Vor allem der "Nächtliche Weg" glitzerte betörend mit zarten Arabesken und Kaskaden, die bei der "Serenade" einer fast elegisch-melancholischen Stimmung Platz machten. Einflüsse von Schubert, Brahms und Grieg waren versteckt herauszuhören. Und auch hier verzauberte die überaus poetische Anschlagstechnik der Pianistin. Der kontrapunktische Reichtum blitzte immer wieder leuchtend hervor.
Fast monumental und sinfonisch interpretierte Elena Bashkirova dann Wolfgang Amadeus Mozarts Fantasie c-Moll KV 475, wo weite Intervalle eine schmerzlich-leidenschaftliche Stimmung schufen. Erregte Skalen, Arpeggien und heftige Dissonanzen zeigten einmal mehr einen modernen Mozart, dessen Einflüsse auf die weitere musikgeschichtliche Entwicklung man nicht hoch genug einschätzen kann. Das fast schwermütige Adagio bildete einen wirkungsvollen dynamischen Kontrast zu den rasend schnellen Presto-Läufen beim Allegro. Und vor allem die Strukturen der Coda entfalteten sich mit großer Konsequenz. Drei Mal erklang das Schicksalsmotiv in dreifachen Oktaven. Die unheimliche Stimmung wollte sich nicht aufheitern.
Hervorragend war auch die subtile Wiedergabe von Mozarts Klaviersonate Nr. 14 c-Moll KV 457, deren geheimnisvolles Präludium diese c-Moll-Fantasie KV 457 ist. Elena Bashkirova spielte die 14. Sonate mit verzweiflungsvollem Unterton und eruptiver Ausdrucksgewalt. Die grollenden Bässe kündeten Unheil an, erinnerten an Beethoven. Und der viergliedrige Komplex gewann dabei eine erstaunliche klangliche Robustheit, zeigte eine Nähe zu Mozarts "Jupiter-Symphonie". Insbesondere der Gegensatz von Zartheit und Energie wurde bei dieser Interpretation ausgezeichnet erfasst. Auch die thematische Verarbeitung mit ihrem in dreifachen Oktaven gespielten Dreiklangsaufstieg kam nicht zu kurz. Das Adagio mit seinem zarten Thema und den zierlichen Ornamenten bildeten dazu einen reizvollen Kontrast. Das Finale imponierte mit seinem synkopischen Thema, das Schwanken zwischen Sonatensatz und Rondo trat grell hervor. Die Ausdehnung des Klangraums nahm gewaltige Ausmaße an.
"Bravo"-Rufe und begeisterter Schlussapplaus. Als Zugabe folgte noch eine fast überirdische Piece von Robert Schumann.