Dass politisch engagiertes Theater und eine poetische Darstellungsweise sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich im Gegenteil sogar stärken können, davon ist Ali Jalaly mit seiner neusten Inszenierung „Mit brennender Geduld oder: Nerudas Postmann“ von Antonio Skármeta überzeugt. Nicht zuletzt die Auseinandersetzung eines in Deutschland lebenden Schriftstellers mit der Erinnerung an sein Land und sein Volk reizt Jalaly vor dem Hintergrund seiner eigenen Biografie insbesondere, sich mit diesem Stoff zu beschäftigen.
Das Stück spielt zwischen 1969 und 1973 in einem kleinen Ort an der chilenischen Küste und schildert sehr realistisch und detailliert die politische Wirklichkeit der Zeit. Sowohl die Gefühlswelt Nerudas, der sich noch als Mann von über 60 Jahren für die emotionalen Nöte eines Briefträgers interessiert, sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen lässt und dann als Botschafter seines Landes nach Paris geht, als auch die Gefühle Marios, der als Verliebter sprachlos wird und später selbst zu dichten beginnt, werden in einfachen, eindringlichen Worten erzählt. Der Stil wechselt zwischen humorvoll-umgangssprachlichem Volkston und poetisch-symbolischen Überhöhungen.
Als aus Paris ein langer Tonbandbrief mit der Bitte von Neruda kommt, für
ihn die geliebten heimatlichen Töne einzufangen: das Wehen des Windes, das Geläute der Glocken vor seinem Haus und das Geräusch des Meeres, erfüllt Mario diesen Wunsch und fügt das Schreien seines Babys hinzu. Über Chile ziehen dunkle Wolken auf. Allende wird ermordet, Neruda kehrt schwer krank auf die Insel zurück. Der Sterbende wird in seinem Haus vom Militär bewacht. Auch Mario wird aus dem Glück seiner jungen Ehe herausgerissen und verhaftet.
Mit seinem Stück „Mit brennender Geduld oder: Nerudas Postmann“ hat Antonio Skármeta dem Schwung und der Stimmung des Jahres 1970 – kurz vor der Wahl Allendes zum Präsidenten Chiles – ein wunderbares Denkmal gesetzt. „Es ist die schönste Liebesgeschichte der Welt“, urteilt die SZ über den gleichnamigen Roman des Autors. Es ist “eine Hommage an den berühmtesten chilenischen Dichter, Pablo R. Neruda, und an das einfache Volk Chiles, das auch unter schweren Bedingungen ein sinnfrohes Leben zu führen vermag. Ein Stück über Freundschaft und Liebe, über Poesie und Leidenschaft, über Freiheit und Politik“. Zweimal wurde der Stoff, zuletzt mit Philippe Noiret und Massimo Troisi, eindrucksvoll verfilmt.
Regie: Ali Jalaly
Mit: Josef Tratnik (Pablo Neruda), Adam Hildenberg (Mario Jimenez), Marion Mainka (Witwe
Rosa Gonzalez), Dunja Dogmani (Beatrize Gonzalez)
Weitere Termine: 5./6. u. 12./13. Sep. sowie 16.-18. Okt. u. 13.-15. Nov.; alle 20h
Tel. Kartenvorbestellung: 0221 – 32 17 92