Melina Mercouri (1920 – 1994) war bereits zu Lebzeiten eine Legende. Sie entstammt einer griechischen Politikerfamilie, trat allerdings erst im fortgeschrittenen Alter in die Fußstapfen ihrer Vorfahren.
Zunächst absolvierte sie gegen den Willen des Familienoberhauptes (in der damaligen Zeit der Großvater) eine Schauspielausbildung. 1960 trat sie in der Rolle der Dirne Illya (in der Filmkomödie „Sonntags ... nie!“) vor die Filmkamera ihres späteren Ehemannes, des Regisseurs Jules Dassin. Die Rolle brachte ihr nicht nur den Darstellerpreis der Filmfestspiele in Cannes ein, sie wurde auch für den Oscar als „Beste Hauptdarstellerin“ nominiert.
Während der griechischen Militärdiktatur von 1967 - 1974 lebte sie in Frankreich im Exil und kritisierte von dort aus das Regime energisch. Auf die Aberkennung ihrer griechischen Staatsbürgerschaft durch die damaligen Machthaber reagierte sie mit dem legendären Satz „Ich bin als Griechin geboren und werde als Griechin sterben“.
Nach dem Zusammenbruch der Diktatur kehrte Melina Mercouri in ihre Heimat zurück, betrat die Bühne der Politik und stellte die Weichen dafür, Griechenland in die Europäische Union zu integrieren.
Der Tanzabend erinnert an das bewegte Leben dieser beeindruckenden Persönlichkeit und ihre intensive Verknüpfung mit der griechischen Heimat und ihrem Volk. Die besonderen Qualitäten der griechischen Lebensart und Kultur finden sich auch in der Musikauswahl wieder, zumal Melina Mercouris Gesang manchem griechischen Komponisten, darunter Größen wie Manos Hadjidakis und Mikis Theodorakis, den Weg zu internationaler Bekanntheit ebnete.
Lode Devos rückt neben der Persönlichkeit Melina Mercouri auch die Sängerin und Schauspielerin ins Blickfeld. Vier Phasen aus ihrem Leben haben aus der Sicht des Choreografen eine besondere Bedeutung: Zunächst das offene Haus des Großvaters Spiros, dem langjährigen Bürgermeister von Athen, bei dem ständig Freunde, Bekannte und deren Freunde und Bekannte ein- und ausgingen. Melina Mercouri verbrachte ihre Kindheit und ihre Jugend in dieser umtriebigen Gesellschaft. Dann die Entdeckung der Liebe zum Theater – die nicht zuletzt durch die Schwärmerei für einen Darsteller geweckt wurde. Die frühe erste Ehe, die ihr gegen den Willen des Großvaters die harte Ausbildung während des Weltkrieges ermöglichte, später die Erfolge bei den Festspielen in Cannes, wo sie ihren zweiten Ehemann Jules Dassin kennenlernte – und zuletzt die Zeit nach der Militärdiktatur, in der sie heimkehren konnte und, da sie bereits politisch aktiv geworden war, hohe Ämter in der griechischen Politik übernahm.
Vier Tänzerinnen verkörpern Melina Mercouri in diesen vier Lebensabschnitten. Weitere Solo-Rollen zeigen den Großvater Spiros und den zweiten Ehemann Jules Dassin.
mit Musik von Mikis Theodorakis, Manos Hadjidakis, Eleni Karaindrou u. a.
Choreografie: Lode Devos
Bühne und Kostüme: Christiane Devos
Licht: Lode Devos
Es tanzen: Alanna Saskia Pfeiffer / Anne-Frédérique Hoingne / Valerija Frank / Solène Nusbaum (Melina), Armin Frauenschuh (Großvater Spiros), Simon Ripert (Jules Dassin) sowie das Ensemble des Balletts Chemnitz