Es herrschen Aufruhr, Unsicherheit, Krankheit – unserer Gegenwart nicht unähnlich. Viel wird in diesem Stück geredet und relativ wenig getan.
Thesen treffen aufeinander: Pawel, der Forscher, glaubt bedingungslos an den wissenschaftlichen Fortschritt und daran, dass ein „neuer Mensch“ entsteht, der besser sein wird als die Menschheit der Gegenwart; seine Frau Jelena glaubt wie der Künstler Wagin vor allem an die Schönheit der Kunst, die Trost und Kraft im harten Alltag schenken kann. Pawels Schwester Lisa hat düstere Visionen von einem pöbelnden Mob, der die Ungerechtigkeit der Welt nicht länger erträgt und alles vernichten wird. Und der melancholische Tierarzt Boris weiß, dass der Mensch auch nur ein Tier ist, eine bösartige, sinnlose Existenz noch dazu. Eine Pointe in Gorkis Stück ist, dass das Haus, in dem diese leidenschaftlichen Debatten über den richtigen Weg in die Zukunft der Menschheit geführt werden, längst dem Verwalter gehört; einem ungebildeten Emporkömmling, der mit der Tatkraft des bauernschlauen Selfmademannes längst die Besitzverhältnisse zu seinen Gunsten umkehren konnte, während draußen die Cholera ausbricht und eine Revolte sich Bahn bricht …
Maxim Gorki, geboren 1868, wuchs in ärmsten Verhältnissen auf, verwaiste früh, wurde mit körperlicher Gewalt und ohne größere Schulbildung erzogen. Als junger Mann schloss er sich der antizaristischen Bewegung an und genoss ab 1902 beträchtliches Ansehen als Schriftsteller. „Kinder der Sonne“ schrieb er 1905 in einer Festungshaft, die ihm sein Protest gegen das Niedermetzeln unbewaffneter Zivilisten am sogenannten Petersburger Blutsonntag eingebracht hatte. Obwohl er sich stets für das Wohl der Unterdrückten eingesetzt hatte, verband ihn sowohl mit Lenin als auch mit Stalin eine problematische Freundschaft. Viele Jahre seines Lebens verbrachte Gorki im Exil. Er starb 1936 in der Nähe von Moskau, sein Tod ist von Legenden umrankt. Seine Heimatstadt Nischni Nowgorod war ihm zu Ehren ein 1932 bis 1990 in Gorki umbenannt. Sein Künstlername Gorki bedeutet so viel wie „der Bittere“.
Pedro Martins Beja hat als Regisseur und Autor mit den Studierenden des 3. Jahrgangs an der Kunstuniversität Graz eine freie Bearbeitung der „Kinder der Sonne“ erarbeitet. Nicht zuletzt sind es die jungen Menschen von heute, die Lösungen finden müssen für die Versäumnisse der vorhergehenden Generationen, die noch glauben konnten, dass Wirtschaftswachstum der einzige Garant für Frieden und Wohlstand sei. Auf der Basis von Motiven und Texten aus Gorkis Drama, inspiriert von Science-Fiction-Filmen wie „Metropolis“ oder „Blade Runner“, mit Texten von Pedro Martins Beja verlegen sie den Klassiker von 1905 in eine alptraumhafte Retro-Zukunft, in der die Sonne, dieser tote Stern, zur tödlichen Bedrohung geworden ist.
Zum Regisseur
Pedro Martins Beja
1978 geboren, studierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin, erste eigene Regiearbeiten: „Berlin Alexanderplatz oder was (eine Annäherung könnte man meinen nee ehrlich)“ nach Alfred Döblin (2008, Jurypreis des 100° Festivals Berlin), „The Cocka Hola Porno LookALike“ nach Matias Faldbakken (2008), „4.48 Psychose“ von Sarah Kane (2009), „Permanent Vacation? Fuck My Crisis (permanente vakation sollte meine krise ficken)“ nach Erich Kästner (2010) und „Die Kontrakte des Kaufmanns“ von Elfriede Jelinek (2010, Schaubühne Berlin). Seitdem Inszenierungen u.a. am Staatstheater Mainz, Schauspiel Frankfurt, Düsseldorfer Schauspielhaus, Luzerner Theater und Schauspielhaus Wien. Zuletzt: „Hamlet“ am Theater Oberhausen und „Macbeth“ am Theater Neumarkt in Zürich.
Kooperation mit dem Institut für Schauspiel der Kunstuniversität Graz
Regie Pedro Martins Beja
Bühne und Kostüme Elisabeth Weiss
Dramaturgie Karla Mäder
Mit
Berenice Heichel, Frieder Langenberger, Mario Lopatta, Lukas Schöttler, Hanh Mai Thi Tran, Leontine Vaterodt, Kevin Wilke
weitere Vorstellungen am 7., 18. und 21. Oktober, am 13. und 16. November, jeweils 20 Uhr, HAUS ZWEI sowie am Dezember
Tickets
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