Auch dass der Aktivist Martin aus dem linken Parteiflügel vor einer völkischen Machtübernahme warnt und zum Widerstand aufruft, wird von den Genossen abgewiegelt. Man möchte sich von den Faschisten nicht beim Feiern stören lassen, und erst recht nicht von jungen Radikalen aus den eigenen Reihen. Auf eigene Faust versucht Martin nun, die Pläne der Gegner auszuspionieren. Dafür sendet er seine Freundin Anna los, um sich von Faschisten auf der Straße ansprechen zu lassen und ihnen so Informationen zu entlocken. Er »schickt sie auf den politischen Strich«, wie sein Mitgenosse Karl ihm vorwirft – der einstweilen die Feier lieber nutzt, um die politisch desinteressierte Leni »zu unseren Idealen zu bekehren«, wie er es nennt. Doch Martins Plan entgleitet, und bald wird klar: die Faschisten machen sich daran, die »Italienische Nacht« der Sozialdemokraten bewaffnet zu sprengen.
Zum dritten Mal in Folge – nach »Professor Bernhardi« und »Rückkehr nach Reims« beschäftigt sich Thomas Ostermeier in »Italienische Nacht« mit dem Aufkommen einer rechtsextremen Massenbewegung. Ödön von Horváth vollendete sein »Volksstück in sieben Bildern« 1931 und beobachtete darin mit eindrucksvoller Schärfe nicht zuletzt auch, welchen Anteil am Zusammenbruch der Demokratie eine Linke hat, die die Realität der Gesellschaft ignoriert und sich in Parteikämpfen im eigenen Lager zerfleischt. Kaum zwei Jahre später musste Horváth Deutschland verlassen, nachdem im Anschluss an Hitlers Wahlsieg eine SA-Truppe sein Elternhaus stürmte.
In einer Fassung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer
Regie: Thomas Ostermeier
Bühne: Nina Wetzel
Kostüme: Ann Poppel
Musik: Nils Ostendorf
Dramaturgie: Florian Borchmeyer
Licht: Urs Schönebaum
Stadtrat: Bernd Hölscher / Hans-Jochen Wagner
Martin: Sebastian Schwarz
Karl: Christoph Gawenda
Leni: Veronika Bachfischer
Anna: Alina Stiegler
Wirtin: Traute Hoess
Adele: Marie Burchard
Kranz: David Ruland
Betz: Lukas Turtur
Engelbert: Johannes Flaschberger
Ein Kamerad aus Magdeburg: Konrad Singer
Faschist: Laurenz Laufenberg
Genossen von Martin: Juri Padel, Andrej Reimann, Benjamin Schröder
Erste Prostituierte, Gattin: Annedore Bauer
Zweite Prostituierte, Gattin: Inga Wolff
Kind: Lioba Jacoby / Lena Niebur / Greta Preuß
Musiker: Nils Ostendorf/Antonio Palesano, Martin Klingeberg, Thomas Witte
Statist_innen: Sandra Bourdonnec, Sophia Fabian, Marcel Frank, Hannes Fritzer, Lars Hartje, Christian Kassubeck, Konstantin Klemm, Andreas Klinger, Pia Koch, Paul Löwenstein, Michael Matuszewski, Marvin Münstermann, Michael Naroditski, Fabrice Riese, Marta Sroka, Iva Topolovec, Theresa Tripp