Das vom Wiener Koproduktionshaus brut veranstaltete imagetanz-Festival zeigt wieder ein vielfältiges Programm mit neuen Positionen aus Choreografie und Performance. Fünf Uraufführungen lokaler Künstler*innen, fünf österreichische Erstaufführungen, Studio-Visits, Diskussionen, Partys und ein offener Workshop sorgen für ein abwechslungsreiches Festivalprogramm. we dance what you think –unter diesem Motto bringen die imagetanz-Künstler*innen brennende Themen der Gegenwart auf die Bühne.
Sie stellen sich die Frage, wie durch biografisch-persönliche Zugangsweisen größere gesellschaftspolitische Veränderungen initiiert werden können. In ihren Projekten suchen sie nach alternativen Strategien der Selbstermächtigung, hinterfragen das Denken in Stereotypen und reflektieren soziale Konventionen aus queer-feministischen, aktivistischen Perspektiven. Die ästhetischen und inhaltlichen Ansätze sind vielfältig, die Arbeiten verbindet der Versuch, gesellschaftliche Spannungsfelder der Gegenwart mit den Mitteln aus Choreografie und Performance auszuloten.
Programm-Highlights
Zur Eröffnung am 07. März im Ankersaal in der Favoritener Brotfabrik gibt es zwei internationale Gastspiele an einem Abend: Die norwegische Choreografin Ingrid Berger Myhre und der Musiker Lasse Passage erforschen in ihrem Duett Panflutes and Paperwork die Beziehungen zwischen Tanz und Musik. Was heißt das eigentlich: „zu Musik tanzen“? Und wie macht man tanzbare Musik?Auch Again the Sunset bewegt sich zwischen Konzert und Performance. Die isländische Tänzerin Inga Huld Hákonardóttir und der französische Soundkünstler Yann Leguaywerfen einander Bewegungen, Gedanken und Töne zu und entführen das Publikum in eine Klangwelt mit skulpturalen Ansätzen, gebildet aus elementaren Materialien wie Holz, Wasser und Stein.Außerdem präsentiert vom 13. bis 15. März im Ankersaal die in Wien lebende finnische Choreograf*in und Performer*in Lau Lukkarila die Uraufführung Nyxxx. Inspiriert ist diese Arbeit von der wilden Nyx, der griechischen Göttin der Nacht – einer Allegorie der Erotik. Verstohlene Tänze, elektronische Musik, Licht und Videosequenzen verdichten sich zu einer postromantischen Dämmerung mit emotionalen Choreografien und absurden Live-Acts, deren Zusammenspiel eine erregend-gruselige Atmosphäre erzeugt.
Mit dem Zwischennutzungsareal Am Kempelenpark wird in der Quellenstraße 2c ein weiterer Spielort in Favoriten zum Austragungsort von imagetanz 2020: Am 14. und 15. März geht es bei Living Documents I–V von Dominik Grünbühel und Charlotta Ruthum den widersprüchlichen und dennoch weitverbreiteten Wunsch, Tanz und Performance zu dokumentieren. In einem etwa eineinhalbstündigen Rundgang kann das Publikum fünf unterschiedliche, live geloopte choreografische Installationen besuchen und dabei den scheinbar trockenen Akt der Dokumentation als einen lebendigen, kommunikativen Prozess erleben. Begleitend veranstaltet das Performance-Duo in Kooperation mit Tanz die Toleranz einen offenen Workshop am 13. März unter dem Titel Wie viel Tanz steckt in uns? und lädt am 15. März zu dem von Prof. Margarete Jahrmann in englischer Sprache moderierten spielerischen Talk
How to Observe and Document Live Art. An der Homebase des studio brut in der Zieglergasse 25wird Malika Fankhavom 09. bis 11. Märzdie Figur des Cyborg in den Mittelpunkt stellen, die sich menschenähnlicher Erscheinung und roboterhaftem Verhalten dualen Kategorisierungen entzieht.Oxy Moron – A Cyborg Utopia spielt mit multiplen Auffassungen des Selbst, das sich nahtlos zwischen Fiktion und Realität, Magie und Wissenschaft, Gegenwart und Zukunft bewegt.Was ist Erinnerung und was Zukunftsvision? Und was bedeutet in unserer Zeit „normal“, wenn sich Identitäten, sozialer Status und Körperlichkeiten im steten Wandel befinden? Das Künstlerinnenkollektiv hannsjana seziert am 20. und 21. März in einem performativen Labor, das Comedy-, Talk- und Game-Show zugleich ist, die Ausgrenzungsmechanismen wissenschaftlicher Disziplinen.
Als Wissenschaftsspektakel im Zeichen von Ermächtigung und Austausch bringt Die große M.I.N-T.-Show Schwellenängste zum Schmelzen und Expert*innenwissen zurück auf den Boden der Tatsachen. Eine hypnotische und spannungsgeladene Atmosphäre kreiert Inge Gappmaier vom 26. bis 28. März in ihrem Tanzstück protect. there is no wind in geometrical worlds, in dem sie ein Duett mit sich selbst inszeniert. Untermalt von einer eindringlich-unheimlichen Soundkulisse reflektiert die Tänzerin Fragen nach dem isolierten und narzisstischen Selbst und seiner Spiegelung in den sozialen Medien.Performance an der Schnittstelle zur bildenden KunstAsher O’Gormanvereintin ihrer Arbeit Praktiken der Choreografie und der bildenden Kunst.
Vom 19. bis 22. März nutzt die in Wien lebende und arbeitende irische Künstlerin in ihrerUraufführung The way of ink ••º• an ihrem Spielortin der Erbsenfabrik Wien verschiedene Materialien wie Chromatografiepapier, Steckschaum und Schreibtinte, setzt damit methodisch eine Kette von Ereignissen in Gang und untersucht die körperlichen Eigenschaften, die Materialität unddie schöpferische Kraft der Dinge. Die bildende Künstlerin und Performerin Claudia Lomoschitz erforscht in ihren Arbeiten das Verhältnis von Digitalität, Objektophilie, Sozialität und Körperwahrnehmung. Im Kosmos Theater nimmt sie vom 26. bis 28. März in Soft Skills eine auf Willhaben erstandene Bettdecke zum Ausgangspunkt, um die Echoräume des Internets choreografisch, textlich und musikalisch zu erforschen.
Burlesquer Festivalausklang
Mit einem sinnlichen und anregenden Abend voller Queerness, Körperermächtigung und positiver Widerständigkeit geht imagetanz 2020 am 28. Märzmit der UraufführungWE COME BEARING GIFTS im KunstBOGEN, einer Location in den Wiener Stadtbahnbögen, zu Ende. Die Gastgeber*innen Alex Franz Zehetbauer und Lau Lukkarilabringen an diesem Abend gemeinsam mit den Performer*innen Veza Fernández, Ina Holub, Robyn/Hugo Le Brigand, Mzamo Nondlwana, und mirabella paidamwoyo dziruni selbstbewusste queere Erotik und Self-Love unter die Leute. Die Burlesque wird für die scharfzüngigen Stripteaser*innen zur Verkörperung eines politischen Akts – freiherzig, freimütig und letztlich auch frei von Verhüllungen. Ab 22.30 Uhr Abschlussparty Sweet screams are made of thesemit DJs Bad&Boujee / DJ BOO (Bixxa Boo collective).
Festivalorte
Der aktuellen brut-Strategie eines durch die Stadt ziehenden Kulturbetriebs folgend findet das Festival auch in diesem Jahr all over Viennastatt. imagetanz startet im 10. Bezirk – im Ankersaal in der Brotfabrik sowie auf dem Zwischennutzungsareal am Kempelenpark – und ist danach im studio brut, im Kosmos Theater, in der Erbsenfabrik Wien und im KunstBOGEN präsent.brut ExtrasIm Rahmen der Reihe Handle with care gibt es im HUGGY BEARS Art Place am Favoritener Kempelenpark einen Querschnitt durch Wiens junge Performanceszene zu sehen: Sieben künstlerische Teams laden zu Studiobesuchen ein und gewähren Einblick in den Entstehungsprozess ihrer neuen Projekte. Am 8. März: Handle with care feat. HUGGY BEARS: Beiträge von Fabian Faltin/Daphna Horenczyk/Hyeji Nam & mirabella paidamwoyo dziruni/Rhizomatic Circus Collective. Der brut-Publikumsclub BEATE präsentiert am 13. und 14. März Tanja Erhart / Katharina Senk & Julia Müllner im Rahmen des Creative Europe Projekts Be SpectACTive! und am 25. März öffnet Claire Lefèvre den Probenprozess ihres neuen Solos Peachfuzz. Publikumsgespräche, Partys und ein offener Workshop bieten zudem Raum für Begegnung und Austausch in lockerer Atmosphäre.
Alle Infos:
brut Koproduktionshaus Wien GmbH
Karlsplatz 5, 1010 Wien
brut-wien.at