Eine Frau wie viele, ein Frauenschicksal par excellence. 1909 geboren, also Kindheit im Kaiserreich, eine Sportlerinnenkarriere in der Weimarer Republik, Familie und Ehe in der Hitlerzeit, Altern in der DDR, das Lebensende schließlich nach der Wende im wiedervereinigten Deutschland. Ihr Mann, einst Architekt, ist bereits gestorben. Die beiden Söhne haben das Haus verlassen. Der erste, von den Freunden James Dean genannt, ist 1957 in den Westen geflohen, der zweite, beim Theater beschäftigt, folgt ihm zwanzig Jahre später. Zwischen Resignation, Wut und Galgenhumor sucht die verhärmte Frau weniger nach Worten für ihre eigenen Hoffnungen oder Ängste, sondern schwingt sich auf, zum Sprachrohr einer ganzen Heimat, einer zerrissenen Generation, einer dem Vergessen preisgegebenen Geschichte zu werden.
Das Multitalent Einar Schleef, von der Kritik gern als »Fassbinder des Ostens« bezeichnet, hat in dem exemplarischen Lebenslauf seiner Mutter, die 1993 starb, fast ein Jahrhundert deutscher Geschichte dargestellt. Gertrud ist sein literarisches Hauptwerk und ünbersehbar ein Stück von ihm selbst.
Regie: Armin Petras; Bühne: Olaf Altmann; Kostüme: Katja Strohschneider; Video: Niklas Ritter; Dramaturgie: Jens Groß; Darsteller: Friederike Kammer, Anne Müller, Sabine Waibel, Regine Zimmermann
Im Zusammenhang mit dieser Inszenierung werden Ensembleschauspieler am 21. Januar 2008 den neu erschienenen 3. Band der Tagebücher von Einar Schleef präsentieren.
Der Lektor Hans-Ulrich Müller-Schwefe führt anschließend ein Gespräch mit Lena Inowlocki und Martin Löw-Beer über Einar Schleefs Zeit in Frankfurt.