An der Deutschen Oper am Rhein gab der neue Ballettdirektor Martin Schläpfer mit einem dreiteiligen Programm in Düsseldorf seinen Einstand. In nur sieben Wochen gelang es ihm, die Tänzer zweier Kompanien, der aus Mainz mitgebrachten und der in Düsseldorf verbliebenen, zu einem Ensemble zusammenzuführen und ein neues Stück zu kreieren. Eine ganz erstaunliche Leistung.
Der Abend begann mit einem Strauß'schen Potpourri. Statt aber wie im Wiener Neujahrskonzert vor Schönbrunner Kulisse in Walzerseligkeit zu schwimmen, verlagerte Schläpfer das Geschehen teilweise in eine Turnhalle. In parodistischer Weise führen die Tänzer gymnastische Übungen vor, die mitunter auch scheitern. Die Einübung des Walzers gelingt nicht immer und führt zu amüsanten Zwischenfällen, wie sie wahrscheinlich selbst bei der Einstudierung für den Debütantenball nicht passieren. Weiter führt uns Schläpfer zum Narrenturm. Den zackigen Radetzkymarsch nutzt er zu einer gelungenen pantomimenartigen Parodie auf den k. und k-Militarismus. Mit "Marsch, Walzer, Polka", so der Titel des Stückes, gelingt Schläpfer ein amüsantes Capriccio, das weder in Fernsehballettmanier noch in Klamauk endet
Als zweites Stück des Abends war eine Choreographie von Hans von Manen zu "Frank Bridge Variations" von Benjamin Britten zu sehen. Überaus ästhetisch, reduziert, kraftvoll und in perfekter Choreographie beschäftigt sich von Manen in diesem Stück mit den Gefühlen und Stimmungen in Paarbeziehungen. Das Stück ist zugleich eine perfekte Einstimmung in den dritten Teil des Abends: Schläpfers Uraufführung einer Choreographie zur 3. Sinfonie des polnischen Komponisten Witold Lutos?awski.
Der Zuschauer wird in eine Art Unterwelt geführt. Über der Bühne hängen drei Käfige mit Gefangenen. Eine stählernes Förderband ragt im Hintergrund in die Bühne. Der Prospekt leuchtet wie Kohlenfeuer. Die Tänzer agieren minutenlang auf der Bühne bevor die Musik einsetzt. Sie sind in Trikots und löcherige Strickleibchen gekleidet. Bizarre Gestalten changierend zwischen Fabel- und Insektenwesen. Schläpfers Choreographie zu Lutos?awskis Sinfonie ist dunkel, mysteriös, faszinierend und beeindruckend. Alle 48 Tänzer sind in das Stück eingebunden.
Zweieinhalb Stunden technisch perfekter Tanz zu den unter der Leitung von Christoph Altstaedt großartig spielenden Düsseldorfer Symphonikern und ein furioser Einstand in Düsseldorf, der jedoch beim Publikum, das sich scheinbar erst noch an eine neue Tanzsprache gewöhnen muss, nur gedämpfte Begeisterung auslöste.
"Marsch Walzer Polka"
„An der schönen, blauen Donau“ Walzer op. 314
„Annen-Polka" op. 117 von Johann Strauß (Sohn)
„Sphärenklänge“ Walzer op. 235 von Josef Strauß
„Radetzky-Marsch“ op. 228 von Johann Strauß (Vater)
Choreographie: Martin Schläpfer
Kostüme: Thomas Ziegler
"Variations on a Theme of Frank Bridge” op. 10 von Benjamin Britten
Choreographie. Hans von Manen
Bühne und Kostüme: Keso Dekker
Licht: Bert Dalhuysen
"Sinfonie Nr. 3" von Witold Lutos?awski
Choreographie: Martin Schläpfer
Bühne. Thomas Ziegler
Kostüme: Catherine Voelffray
Musikalische Leitung. Christoph Altstaedt
Orchester: Düsseldorfer Symphoniker
Ballett der Deutschen Oper am Rhein
Premiere Freitag, 16. Oktober, 19.30 Uhr, Opernhaus Düsseldorf
Dauer: ca. 2 1?2 Stunden, zwei Pausen
Premiere