Die Geschichte der 16 Nonnen von Compiègne, die 1794 in Paris hingerichtet wurden, bildet dabei den historisch verbürgten Rahmen für eine fiktive Handlung, in der der Komponist und Librettist Poulenc sich des endgültigen menschlichen Themas annimmt: Der Angst vor dem Tod.
Francis Poulenc spürt seinen Figuren in einer bestechend klaren Partitur nach, die sich wie fast all seine Kompositionen im tonalen Rahmen, genauer in dem eines diatonischen Neoklassizismus bewegt. Poulenc, dessen große Leidenschaft die Liedkomposition war, ist auch hier ein Komponist der Stimmen und der Sprache: Die Musik dient dem Gesang, der Gesang formt die Charaktere, die Poulenc mit je individueller rhythmischer Diktion und Melodik gestaltet und miteinander in die titelgebenden Dialogues treten lässt. Die Lebendigkeit des Werks verdankt sich auch der ausgeprägten Arbeit mit wiederkehrenden Motiven, die die handelnden Personen charakterisieren, vor allem aber atmosphärische Akzente von unheimlichem Facettenreichtum setzen. Diese Vielfalt nimmt die Inszenierung Magdalena Fuchsbergers auf, die die Karmelitinnen in eindringlichen Bildern durch die »Wohnungen der Inneren Burg« bis auf das Schafott führt.
Zur Handlung der Oper
Während im April 1789 in Paris die Reveillon-Unruhen den Beginn der Französischen Revolution ankündigen, verkündet die junge Blanche de la Force ihrem Vater, dem Marquis, einen nachhaltigen Entschluss: Sie möchte in den Orden der Karmelitinnen von Compiègne eintreten. Dort erhofft sich die junge Frau, die seit ihrer Kindheit von unerklärlichen Ängsten geplagt ist, Erleichterung und Klarheit. Im Kloster erlebt Blanche, die den Ordensnamen Sœur Blanche de l’Agonie du Christ (Schwester Blanche von der Todesangst Christi) wählt, den Todeskampf der sterbenden Priorin Madame de Croissy aus nächster Nähe mit und wird von der junge Novizin Sœur Constanze de St.-Denis mit der Vision beunruhigt, dass sie beide jung und am selben Tag sterben würden. Die neue Priorin, die bürgerliche Madame Lidoine, schwört die Karmelitinnen in Zeiten der beginnenden Terreur auf das Gebet ein und warnt vor eitler Sehnsucht nach dem Martyrium. Als Madame Lidoine nach Paris gerufen wird, veranlasst die Novizenmeisterin Mère Marie de l’Incarnation eine Abstimmung, die die Schwestern zum Martyrium verpflichtet.
Blanche ist dem Druck und ihrer Angst nicht mehr gewachsen und flüchtet sich in das Haus ihres inzwischen hingerichteten Vaters, wo sie als Magd der neuen Besitzer lebt. Nach dem Verbot der Orden werden die Karmelitinnen zunächst zu Bürgerinnen erklärt, dann aber wegen konterrevolutionärer Konspiration zum Tod verurteilt. Die Priorin geht als erste auf das Schafott, während Mère Marie, die zum Zeitpunkt der Verhaftung nicht im Kloster war, dem angestrebten Märtyrertod entgeht. Als die Nonnen, das Salve Regina singend, auf das Schafott gehen, erscheint Blanche in der Menge. Sie stimmt in den Gesang ein und betritt als Letzte das Schafott.
Oper in drei Akten und 12 Bildern
Text nach dem Drama von Georges Bernanos
Bearbeitet mit der Genehmigung von Emmet Lavery
Nach einer Erzählung von Gertrud von Le Fort
und einem Drehbuch von Pfarrer Bruckberger und Philippe Agostini
Musikalische Leitung
Bertrand de Billy
Inszenierung
Magdalena Fuchsberger
Bühne
Monika Biegler
Kostüme
Valentin Köhler
Video
Aron Kitzig
Licht
Rudolf Fischer
Blanche
Nicole Car
Le Chevalier
Bernard Richter
Madame de Croissy
Michaela Schuster
Madame Lidoine
Maria Motolygina
Mère Marie
Eve-Maud Hubeaux
Le Marquis de la Force
Michael Kraus
Soeur Constance
Maria Nazarova
Mutter Jeanne
Monika Bohinec
Schwester Mathilde
Alma Neuhaus
Beichtvater des Karmel
Thomas Ebenstein
1. Kommissar
Andrea Giovannini
2. Kommissar
Jusung Gabriel Park
Offizier
Jack Lee
Kerkermeister
Clemens Unterreiner
Reprisen: 24., 27., 30. Mai und 2. Juni 2023