Die FLURSTÜCKE 2024 laufen unter dem Motto „Berührung“. Das Festival bringt an vier Tagen Menschen in Kontakt mit Aufführungen, die auf ganz eigene Weise Emotionen wecken, die keine Ausschlüsse kennen und alle Sinne ansprechen, wie immer kostenfrei und leicht zugänglich. Gemeinschaftserlebnisse werden möglich, die es in Zeiten wachsender Gräben und verhärteter Fronten dringender braucht denn je.
Zwölf Produktionen aus sechs Ländern haben die Kurator:innen der FLURSTÜCKE – Clair Howells und Uwe Köhler (Theater Titanick), Daniel Huhn und Winfried Bettmer (Filmwerkstatt Münster), Till Wyler von Ballmoos (Theater im Pumpenhaus) und Merle Radtke (Kunsthalle Münster) – im Zusammenwirken für diese öffentliche Begegnungen ausgewählt.
Das Programm weist entsprechend den unterschiedlichen künstlerischen Positionen der
Kurator:innen eine außerordentliche Bandbreite auf. Es gibt spektakuläre Outdoor-Inszenierungen wie die „MONUMENTAL CONSTRUCTIONS“ des Franzosen Olivier Grossetête, ein temporäres Bauprojekt, das die Bürger:innen Münsters einlädt, einen ganzen Tag lang aus Kartonagen das Elefantenhaus aus dem alten Zoo mitten in der Stadt aufzubauen, zusammen ein Richtfest zu feiern und am nächsten Tag alles in einer großen, gemeinsamen Aktion wieder zu dekonstruieren. Die britische Formation Motionhouse zeigt mit „WILD“ eine akrobatische Zirkus-Tanz-Aufführung auf Pfählen. In schwindelerregenden Höhen eröffnen die Performer:innen neue Blicke auf den urbanen Dschungel und das Verhältnis von Natur und Zivilisation.
Theater Titanick und bodytalk aus Münster werfen mit Tanz und elementarer Wucht die Frage auf, woran wir festhalten, während die Welt kippt: „KIPPPUNKT“, was, wenn die Natur zurückschlägt? Die Gruppe not standing des Belgiers Alexander Vantournhout wiederum lässt die Naturgesetze mit „SCREWS“ komplett außer Kraft erscheinen. Ihr Performance-Parcours schafft völlig neue Beziehungenzwischen Körper und Raum. Und „FOUS DE BASSIN“ der französischen Aktionskünstler:innen von Ilotopie nutzt für sein fellineskes Spektakel gleich ein ganzes Element der Natur: Im Wasser, auf dem Wasser, über dem Wasser entsteht eine Paradeskurrilster Figuren und Erscheinungen. Außerdem: „ULIK’S OPUS II“ und „FANFARE“ der französischen Formation Le SNOB. Diese Parade führt als mobile musikalische Intervention mitten durch die Innenstadt, eine Choreografie als Happening für alle.
Die unmittelbare Begegnung von Künstler:innen und Publikum ist auch bei den Tanz- Performances von Voetvolk / Lisbeth Gruwez & Maarten Van Cauwenberghe aus Belgien undes Briten Joseph Toonga konstituierender Faktor. Der vierstündige Performance-Walk von Voetvolk beginnt an der münsterschen Peripherie, Tänzer:innen mischen sich unter Spazierende, schließlich kulminiert „NOMADICS“ im Stadtzentrum zu einem spektakulären Tanzstück. „BORN TO PROTEST“ des Choreografen Joseph Toonga fragt mit einer Gruppe starker Tänzerinnen und der Energie des HipHop auf münsterschen Straßen und Plätzen, wie sich Angriffe und Vorurteile, denen Schwarze Körper immer noch und immer wieder ausgesetzt sind, überwinden lassen.
Die FLURSTÜCKE sind eben immer auch gesellschaftliche Verhandlung. Das zeigt sich in dieser Edition des Festivals an gleich mehreren Projekten. „DEKOLONIALWARENLADEN” von Stefan Demming (Deutschland) in Zusammenarbeit mit dem kenianischen Musiker und Komponisten KMRU – aka Joseph Kamaru – macht Geschichte erlebbar, als lebendiges Archiv und Rauminstallation zur Auseinandersetzung mit kolonialem Erbe. Ebenfalls einer Erzählung gleich ist „HABITACULUM“ der katalonischen Gruppe Kamchàtka, die sich mit dem Thema Migration beschäftigt: Eine Gruppe Neuankommender, in der Hand nichts als einen Koffer. Im Gepäck aber haben sie viel mehr: ihre Kultur, Erinnerungen und Erfahrungen. Die Videoinstallation „NO MORE BUTTER SCENES” der deutschen Regisseurin Silke Schönfeld beleuchtet einen anderen, in Zeiten von #metoo ebenfalls hochaktuellen Konflikt: Intimität, Konsens und Grenzüberschreitung im Kontext des Schauspielberufs. Wer ist Täter, wer Opfer?
Der Hamburger Künstler Paul Spengemann schließlich hat für seine Laseranimation „SPIN JUMP CRAWL CLIMB DREAM BITE HUNT“ einen eigenen Charakter erschaffen, ein irritiertes künstliches Wesen, das zugleich einen Bezug zu der gestörten Welt des Hier und Jetzt, der Einsamkeit und Verlorenheit des modernen Menschen, besitzt.
Die künstlerischen Projekte der FLURSTÜCKE 2024 werden wie bei den vorherigen Ausgaben von einem ausführlichen Rahmenprogramm begleitet, u. a. mit Workshops und Konzerten. Außerdem bietet das Festivalzentrum im SpecOps am Aegidiimarkt 5 die Möglichkeit zur freien Begegnung zwischen Künstler:innen und Publikum, Medienvertreter:innen und Veranstalter:innen.
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