Beim 13. Festival Internationale Neue Dramatik steht die Schaubühne Berlin in diesem März zehn Tage lang im Zeichen von neuem Theater aus Europa: Regisseure und Dramatiker aus Italien, Spanien, Griechenland, Russland, Ungarn und Island zeigen ihre neuen Arbeiten erstmalig in Berlin und stellen sich vor.
Wenn heute von Europa die Rede ist, werden im politischen, wirtschaftlichen und medialen Diskurs meist die verschiedensten Krisen- und Zerfalls-Szenarien heraufbeschworen. Die Kultur und das Theater sind hiervon nicht ausgeschlossen: Ob im Zentrum Europas oder an seinen Rändern sind Regisseure und Kompanien von Sparmaßnahmen, Rechtfertigungszwängen und Vereinnahmung für politische Zwecke bedroht. Spannendes Theater gibt es heute aber trotz alledem, häufig sogar gerade dort, wo ökonomische und politische Zwänge am heftigsten wirken. F.I.N.D. lässt europäische Regisseure und Autoren selbst zu Wort kommen und schafft einen Raum für gemeinsames Nachdenken, Austausch, Erfahrung und Debatten über Länder-, Sprach- und kulturelle Grenzen hinweg.
Der italienische Theatermacher Romeo Castellucci arbeitet zum ersten Mal mit Schauspielern der Schaubühne und inszeniert »Hyperion. Briefe eines Terroristen« nach Friedrich Hölderlin, das Theaterkollektiv BLITZ aus Athen lädt ein in ihren »terroristischen Tanzsalon« und der Isländer Egill Heiðar Anton Pálsson inszeniert »Notizen aus der Küche«, einen Text des spanischen Dramatikers Rodrigo García über Lebensüberdruss, Liebesverzweiflung und gute Kochrezepte. Aus Ungarn kommt der Theater- und Filmregisseur Kornél Mundruczó mit seinem »Frankenstein-Projekt«, das den europäischen Mythos, Mary Shelleys ›modernen Prometheus‹, ins Budapest der Gegenwart verlegt. »Susn« von Herbert Achternbusch erzählt das Schicksal einer lebenshungrigen Rebellin, gespielt von Brigitte Hobmeier, die in der provinziellen bayerischen Enge weder Erfüllung noch Freiheit findet. Der katalanische Regisseur Àlex Rigola und der russische Film- und Theatermacher Kirill Serebrennikov, die beide in der kommenden Spielzeit an der Schaubühne inszenieren werden, zeigen neue Texte in Workshop-Präsentationen. Patrick Wengenroth nimmt sich im Studio einer Schlüsselfigur der europäischen Geschichte an: Jakob Noltes und Michel Decars neues Stück »Helmut Kohl läuft durch Bonn« hinterfragt in absurder Zuspitzung Biographie und Fiktion – und erzählt Kohls Geschichte als Königsdrama.
»F.I.N.D. plus«
Das Workshop-Programm »F.I.N.D. plus« findet 2013 zum dritten Mal statt. Es bringt Schauspiel- und Regiestudierende aus Deutschland, Frankreich und jedes Jahr einem neuen dritten Partnerland zusammen. Sie treffen auf die eingeladenen Theatermacher des Festivals, begleiten das Festival-Programm, begegnen einander und arbeiten in Masterclasses zusammen.
Dieses Jahr begrüßen wir Studierende aus Rennes, Straßburg, Paris, Budapest und Berlin. Im Jahr des 50. Jubiläums des Elyséevertrags ist es äußerst erfreulich, dass erneut zukünftige Schauspieler, Regisseure und Dramaturgen aus Deutschland und Frankreich an »F.I.N.D. plus« teilnehmen. Die Studierenden der Akademie für Film und Theater in Budapest sind zum ersten Mal dabei. Ihre Schule, wie auch die Theaterlandschaft in Ungarn, sind aktuell von Sparzwängen und dem nationalistisch-autoritären Kurs der Regierung bedroht – umso wichtiger, hier einen Austausch unter Europas künftigen Theatermachern anzuregen.
PROGRAMMÜBERSICHT
Projekt
»Der terroristische Tanzsalon«
Ein Projekt von BLITZ
Mit: Robert Beyer, Uwe Dreysel, Cathlen Gawlich, Ulrich Hoppe, Jenny König, Felicitas Madl, Ernst Stötzner
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Am 16. März um 20.00 Uhr und am 18. März um 20.30 Uhr im Studio
»Hyperion. Briefe eines Terroristen«
nach Friedrich Hölderlin
Regie: Romeo Castellucci
Mit: Rosabel Huguet, Eva Meckbach, Angela Winkler, Luise Wolfram u. a.
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Premiere am 17. März um 20.00 Uhr
Weitere Vorstellung am 18. März um 20 Uhr
Premiere
»Notizen aus der Küche«
von Rodrigo García
Regie: Patrick Wengenroth
Mit: Niels Bormann, Urs Jucker, Lucy Wirth
Kinder: Klaus Bobach Ríos/Vincent Elitez, Jerome Hirthammer/Wieland Friedrich Bicher, Lisa Meißner/Clémence Présent
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Voraufführung am 17. März um 19.30 Uhr
Premiere am 18. März um 19.30 Uhr
Weitere Vorstellung am 19. März um 20.00 Uhr
Gastspiel der Münchner Kammerspiele
»Susn«
von Herbert Achternbusch
Regie: Thomas Ostermeier
Mit: Brigitte Hobmeier, Edmund Telgenkämper
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Am 22. und 23. März um 20.00 Uhr
Gastspiel des Proton Theatre, Ungarn
»Frankenstein-Projekt«
von Kornél Mundruczó und Yvette Bíró
Regie: Kornél Mundruczó
Mit: Andrea Spolarics, Roland Rába, Kinga Mezei, János Derzsi, Sándor Terhes, Natasa Stork, Péter Orth, Ágota Kiss
In ungarischer Sprache mit *deutscher/**englischer Übersetzung
Am 23. März um 18.00*, 22.00** Uhr und am 24. März um 17.00**, 21.00* Uhr im Studio
Workshop-Präsentation
»Nahe Null«
von Natan Dubowizki
Regie: Kirill Serebrennikov
Mit: Thomas Bading, Jule Böwe, Ingo Hülsmann, Erhard Marggraf, Laura Mitzkus, Sebastian Nakajew, Felix Römer, David Ruland
Am 17. März um 18.00 Uhr im Studio
Workshop-Präsentation
»Der Rattenpolizist«
von Roberto Bolaño
Regie: Àlex Rigola
Mit: Christoph Gawenda, Stefan Stern
Am 19. März um 20.30 Uhr im Studio
Szenische Lesung
»Helmut Kohl läuft durch Bonn«
von Nolte Decar
Einrichtung: Patrick Wengenroth
Mit: Niels Bormann, Ulrich Hoppe, Sebastian Nakajew, Felix Römer, Kay Bartholomäus Schulze u. a.
Am 20. März um 20.30 Uhr im Studio
Konzert und Lesung
»Gefahr-Bar™«
Von und mit Nicolas Stemann, Thomas Kürstner, Sebastian Vogel
sowie Claudia Lehmann und Gästen
Am 24. März um 20.30 Uhr
F.I.N.D. 2013 und F.I.N.D. plus werden gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds, die Aventis Foundation, das französische Ministerium für Kultur und Kommunikation/DGCA, das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) und die Allianz Kulturstiftung. Präsentiert von taz.die tageszeitung, zitty Berlin, radioeins, Berlin Poche und Exberliner.