Starchoreograf Jan Martens aus Flandern untersucht am 8. November um 19.30 Uhr im Eröffnungsgastspiel ANY
ATTEMPT WILL END IN CRUSHED BODIES AND SHATTERED BONES mit seinen 17 Tänzer:innen zwischen 17 und 70
Jahren, wie gemeinsames Handeln und politisches Aufbegehren für mehr Demokratie, Freiheit und
Bürger:innenrechte funktionieren können. Auslöser für sein Stück waren 2019 die Straßenproteste für Freiheit in
Hongkong sowie die gleichzeitig in Europa demonstrierenden Bewegungen von Gelbwesten, Extinction Rebellion
und Wutbü rger:innen.
Mit den drei Stücken MENTIRAS APLAUDIDAS, THE GHOSTS ARE RETURNING und TEATRO AMAZONAS legt die
euroscene Leipzig erstmals einen Fokus auf außereuropäische und postkoloniale Perspektiven, wie Festivalleiter
Christian Watty erläutert: „Themen, denen wir lange keine Beachtung geschenkt haben, stehen heute ganz oben auf
der gesellschaftlichen Agenda: die Sehnsucht nach mehr Respekt, Diversität und Gendergerechtigkeit, der Wunsch
nach einem Ende von Ausgrenzung, Diskriminierung, Ausbeutung und Rassismus. Die Menschen im globalen Norden
mit ihrem oft grenzenlosen Egoismus und vor allem wir in Europa sind aufgefordert, uns mit unserer kolonialen
Vergangenheit und neokolonialen Gegenwart auseinanderzusetzen: mit dem langen Schatten der Unterdrückung und
Dominanz, mit der Kolonisierung im Namen Gottes oder des Kapitalismus, die beide bereits Millionen Opfer gefordert
haben und immer noch fordern.“
In der Uraufführung von MENTIRAS APLAUDIDAS lädt Choreograf Panaibra Gabriel Canda aus Mosambik dazu ein,
andere Perspektiven auf die Geschichte der Zivilisation zuzulassen, indem er historische Narrative und Vorstellungen
von Dominanz und Identität hinterfragt. Auch die Musiktheaterproduktion THE GHOSTS ARE RETURNING beschäftigt
sich mit einer hochaktuellen Debatte: Die GROUP50:50, ein Kollektiv von Künstler:innen aus dem Kongo, der Schweiz
und Deutschland, erinnert an das Schicksal von sieben „Pygmäen“-Skeletten, die ein Schweizer Arzt 1952 aus dem
Kongo nach Genf gebracht hat und die dort bis heute im Privatbesitz seiner Erbin lagern. Außerdem kommt das
chilenisch-spanische Regieduo AzkonaToloza dank einer Kooperation der euro-scene Leipzig mit der Schaubude in
Berlin erstmals nach Deutschland: In ihrem Theaterstück TEATRO AMAZONAS untersuchen die Künstler:innen die
systematische Zerstörung des Amazonasregenwaldes, die seit über 500 Jahren andauert. Dazu bietet die euro-scene
Leipzig das zweitägige kostenlose Diskursprogramm THE TIME FOR DENIAL IS OVER an, das sich anhand von
Kurzfilmen sowie Beiträgen von Expert:innen aus Afrika und Europa mit der Frage der Restitution von menschlichen
Überresten und Kulturschätzen aus der Kolonialzeit auseinandersetzt.
Zwei weitere bemerkenswerte Gastspiele werden auf der Großen Bühne des Schauspiels Leipzig präsentiert: Das
elektrisierende und preisgekrönte Tanzstück SOUL CHAIN, das die Ikone der jungen Generation von
Choreograf:innen in Israel Sharon Eyal für tanzmainz choreografiert hat, sollte letztes Jahr den Festivalabschluss
bilden, musste jedoch kurzfristig abgesagt werden. Jetzt wird es mit zwei Vorstellungen am 9. und 10. November
nachgeholt. Ebenfalls zweimal wird MY LAND gezeigt: eine herausragende Produktion, die Zirkus und Tanz verbindet
und aktueller nicht sein könnte. Sieben der besten Zirkusakrobat:innen aus der Ukraine machen hier eine rasante,
poetische und berührende Liebeserklärung an ihre Heimat, in die sie wegen des Kriegsausbruchs seit Februar nicht
zurückkehren konnten (Aufführung am 11. November und Nachmittagsvorstellung am 12. November mit besonders
günstigen Tickets für Familien mit Kindern!).
Der beliebte Wettbewerb bei der euro-scene Leipzig wurde überarbeitet und neu konzipiert. Unter dem neuen Titel
UBUNTU CONNECTION ist ein Format entstanden, in dem 16 Künstler:innen aus den Genres Tanz und Neuer Zirkus,
begleitet von einer Live-Band, an zwei Abenden nicht gegen-, sondern für- und miteinander in der Schaubühne
Lindenfels antreten.
Zum Festivalabschluss wird zum ersten Mal eine Kooperation der euro-scene Leipzig mit dem Leipziger Ballett in der
Oper Leipzig Premiere haben. Auf dem Programm steht ein Doppelabend von Maguy Marin, der wichtigsten
Vertreterin des Tanztheaters in Frankreich, und dem Leipziger Ballettchef Mario Schröder. Das Leipziger Ballett
präsentiert mit DUO D’EDEN (1986) und GROSSE FUGE (2001) als erste deutsche Compagnie zwei Klassiker aus dem
Werk der großen französischen Tänzerin und Choreografin und Mario Schröder komplettiert den Abend mit der
Uraufführung eines neuen Stücks.
Das gesamte Programm, inklusive drei Aufführungen mit Audiodeskription und zahlreiche Veranstaltungen mit
freiem Eintritt finden Sie auf der Website euro-scene.de
Vorverkauf für das komplette Festivalprogramm an der Festivalkasse im IntercityHotel (Tröndlinring 2, 04105 Leipzig), unter 0341 217 16 48 (Ticket-Hotline) sowie an allen Vorverkaufsstellen, die mit eventim verbunden sind.