Sprache passiert, fast von selbst, wir nutzen sie wie wir atmen. Jeder weiß, welche Sprache er spricht: ich sage, was ich denke, ich denke, also bin ich. Können Worte aber eigene Gedanken ausdrücken? Worte sind nichts Eigenes: ein papageienartig antrainiertes Vokabular, das fixen grammatischen Regeln zu folgen hat: wer will da „in eigenen Worten“ sprechen? Noch dazu in Zeiten reger politischer und ökonomischer Propaganda. Die Slogans der Spin-Doctors & Marketing-Strategen werden stetig perfekter – standardisierte Sprache standardisiert das aus Worten gebildete Denken. Bis „Worte (sind) wie Arsen: unbemerkt verschluckt, nach einiger Zeit ist die Giftwirkung da“, wie Viktor Klemperer zur gleichschaltenden Sprache des Faschismus notierte.
Menschenlose, automatisierte, „absurde“ Sprache, Manipulation durch Sprache, die Mechanismen einer „absurden“ Illusion von Kommunikation: dies sind Themen der Stücke Eugène Ionescos. Insbesondere „Die Unterrichtstunde“ beleuchtet grell den täglichen brutalen Sprach-Zirkus und seine Clowns, nämlich uns. Wird Sprache selbstverständlich, wird sie unverständlich: sie verwirklicht, adressiert niemand mehr, sie erzählt, im Vakuum um verselbständigte Begriffe kreisend, nichts mehr. Ist die Sprache nicht individuell, löst sich das Individuum auf in einen synthetischen Schwarm von Zeichen, der bloß noch „fälschlicherweise als Sprache bezeichnet wird, ein schrecklicher Orkan tönender Künstlichkeit...“, wie Ionescos Professor doziert. Sprache, schrieb Jacques Derrida, birgt die Notwendigkeit ihrer eigenen Kritik: Ionesco widmet sich dieser Notwendigkeit mit harter und exzessiver Komik.
Die Regie führt erstmalig Thomas Peter Goergen, der seit 2004 Regiemitarbeiter am Theater an der Ruhr ist.
Eine weitere Vorstellung findet am 27. Februar statt.
Karten unter 0208/59901-88 oder <link>theater-an-der-ruhr@ealise.de