Der Soldat Beckmann kommt 1945 aus dem verlorenen Krieg in seine halbzerstörte Heimatstadt zurück. Wenn er glaubt, mit offenen Armen aufgenommen zu werden, täuscht er sich. Seine nationalsozialistischen Eltern sind tot. Seine Frau hat sich einem anderen zugewandt, niemand versteht ihn, niemand will etwas von ihm wissen. Alle sind fieberhaft damit beschäftigt, zu überleben, neu aufzubauen, das Gewesene zu verdrängen. Sie wollen weder an ihre Schande erinnert werden, noch an ihre Mitverantwortung. Deshalb bleibt Beckmann totenallein mit seinen grauenvollen Kriegserlebnissen, mit seinen Schuldgefühlen, seinem Schmerz und seiner Sehnsucht nach menschlicher Anteilnahme. Nicht einmal im Kabarett kann er Fuß fassen, er ist nicht gefällig genug für die flotte. Nachkriegsstimmung. Und wenn er sich in die Elbe stürzt, wird er wieder an Land gespült, als unerwünschtes aber notwendiges Mahnmal.
Der große, jungverstorbene Dichter Wolfgang Borchert hat nach dem zweiten Weltkrieg das erste Heimkehrerstück geschrieben. Es wurde 1947 in Hamburg uraufgeführt und hatte eine starke Wirkung. Es setzte ein Zeichen gegen Vergessen und Gedankenlosigkeit. Auch heute muß man dieses Stück spielen. Seit Menschengedenken wüten immer etwa 30 Kriege auf der Welt, wie Stichflammen, jeder Frieden ist zerbrechlich, es ist bitter nötig, die Stimme gegen Haß, Gewalt und Vernichtung zu erheben, es ist gerade jetzt wieder nötig, die Folgen aufzuzeigen.
Regisseur Detlef Jacobsen, zugleich Direktor der staatlichen Schauspielschule Saarbrücken, hat in Kooperation mit dem Saarländischen Staatstheater für die diesjährige Abschlussklasse ein Stück ausgesucht, das mit der unmittelbaren Lebenswirklichkeit der hiesigen jungen Generation wenig zu tun hat. Er hat es mit vielen originellen Einfällen, aber ohne Verfremdung oder Distanz inszeniert und damit seinen jungen Schauspielern ein Höchstmaß an Intensität und Ernsthaftigkeit abverlangt.
Alle haben die Herausforderung bewältigt Die Zentralfigur des Beckmann wurde unter André Benndorff, Christian Taubenheim und Tim Bierbaum aufgeteilt. Jeder steuerte seine eigenen Wesenszüge bei, was der Figur eine allgemeingültige Vielfalt verleiht. Jeder junge Mann kann betroffen sein, jeder kann zum Mörder werden und zum Opfer zugleich. Die drei Darsteller spielten sehr präzise auch Beckmanns gnadenlose männliche Umwelt. Ariane Senn, Lena Krimmel und Katja Preuss verliehen den ratlosen, lebenshungrigen Frauenfiguren Wahrhaftigkeit und Glanz.
Insgesamt eine Leistung, die mit der behutsamen Unterstützung des Saarländischen Staatstheaters das hohe Niveau der Schauspielschule herausstellt und für den Schauspielernachwuchs an den deutschen Bühnen zu schönen Hoffnungen berechtigt.
'Draußen vor der Tür' von Wolfgang Borchert am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken als Kooperationsprojekt mit der staatlichen Schauspielschule.
Premiere 15. Oktober 2000