Nur langsam kommen die Wissenschaftler hinter das Spiel von Ursache und Wirkung. Die Forschung zeichnet ein erschreckendes Krankheitsbild: das menschliche Auto-Immun-System reagiert angesichts eines Erregers über und zerstört sich selbst.
Mrs. Dalloway hatte immer das Gefühl, es sei sehr, sehr gefährlich, auch nur einen einzigen Tag zu leben. – Virginia Woolf
Einer Bakterie ist kaum anzusehen, ob sie gut oder schlecht ist. Die mikroskopische Welt der Keime, Viren und Mikroben stellt ein undurchdringliches ästhetisches Geflecht dar. In Eigentlich läuft alles ganz prima beschäftigen sich die Regisseurin Johanna Wehner und die Dramaturgin Sarah Israel mit der Welt jenseits des Reagenzglases und des a-septischen Labors: was würden uns Bakterien erzählen, wenn sie sprechen könnten? Wie klingt ein septischer Schock? Inwiefern lässt sich ein Science-Fiction-Video einer Reise durchs All von einem Live-Bild einer Magen-Darm-Spiegelung unterscheiden? Wie verhält sich ein Wissenschaftler auf einer Theater-Bühne/ wie ein Schauspieler im Vorlesungssaal? Die medizinische Argumentationslogik, die Ästhetik der Bio-Tech-Labore und Human-Genome dient ihnen als ästhetischer Ausgangspunkt für eine szenische Recherche zum Themenkreis Angst, Panik und Überreaktion.
Ein System läuft Amok. Wo innere Leere und nicht kompensierter Überdruck herrschen, bleibt Krankheit nicht aus: Die Projektentwicklung Eigentlich läuft alles ganz prima stellt den Zusammenhang zwischen einem medizinischen Phänomen und seinem gesellschaftlich-systemischen Abbild her – der menschliche Organismus als Bild für den Organismus unserer Gesellschaft. Das Projekt seziert den sozialen Körper wie im Labor: nüchtern, analytisch und Schicht für Schicht. Wie lange dauert es, bis das System den Erreger-Eindringling lokalisiert, wie lange bis es ihn vernichtet?
Vom Verlauf einer Sepsis lässt sich eine Vielzahl an assoziativen Parallelen zu panischen Überreaktionen ziehen: zur eigendynamischen Deregulierung der Finanzmärkte in den letzten Jahren; zur Eigendynamik staatlich-militärischer Systeme angesichts des Terrorismus; zur Selbstzerfleischung sektenartiger Vereinigungen angesichts eines unbekannten Eindringlings von außen.
Eigentlich läuft alles ganz prima, aber trotzdem brauchen wir mehr Überwachung. – Angela Merkel auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2009
Mit Sebastian Thiers und Lena Vogt
Regie: Johanna Wehner
Dramaturgie: Sarah Israel
Musik: Felix Lange
Bühne/Kostüme: Veronika Bleffert & Benjamin Schönecker
Video: Peer Engelbracht/ impulskontrolle
Eine Produktion des Theaterhauses Jena in Zusammenarbeit dem Sepsis-Cluster und der Sepsis-Gesellschaft e.V.
Alle Termine:
30.11.2011, 07.12.2011, 08.12.2011, 28.12.2011, 29.12.2011, 11.01.2012, 13.01.2012, 14.01.2012