Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
"Don Carlos" von Giuseppe Verdi, Badisches Staatstheater Karlsruhe"Don Carlos" von Giuseppe Verdi, Badisches Staatstheater Karlsruhe"Don Carlos" von...

"Don Carlos" von Giuseppe Verdi, Badisches Staatstheater Karlsruhe

Premiere A: Samstag, 25. April 2009, 19.30 Uhr | Opernhaus

Premiere B: Donnerstag, 30. April 2009, 19.00 Uhr | Opernhaus

 

„Don Carlos“ ist das große Schillersche Drama der Aufklärung: ein Appell an Gedankenfreiheit und menschliche Solidarität in einem erstarrten politischen Machtgefüge.

 

In Verdis Entwicklung spielt nun der „Don Carlos“ (uraufgeführt am 11. März 1867 im Théâtre Impérial de l’Opéra, Paris) eine ganz besondere Rolle. Mit diesem Werk ändert sich sein Ton. Verdi benutzt das Schillersche Drama gleichsam als Hebel, um die Bühne frei zu machen für ein umfassenderes Musiktheater: Ohne falsches Pathos wird in dieser Oper das Durchdringen von politischen Verhältnissen und persönlichen Konflikten, von existentiellen menschlichen Problemen und mächtigen historischen Interessen sowie das Aufeinanderprallen von weltlicher und geistlicher Macht zur Darstellung gebracht.

 

Gezeigt wird – am Beispiel der spanischen Monarchie im 16. Jahrhundert – die Unordnung einer Ordnung, die über Leichen geht. Philipp II. kämpft für diese Ordnung, die keine mehr ist, unerbittlich, hart, grausam, bedenkenlos. Aber er leidet auch unter seiner Macht, die ihn vereinsamt und von allen menschlichen Verbindungen isoliert: Die Tragödie eines einsamen Mannes, der seinen Sohn Carlos und dessen besten Freund, den – Unterdrückung bekämpfenden und Menschlichkeit einfordernden - Marquis von Posa opfert. Die Tragödie eines Mannes, der selbst abhängig ist vom Mechanismus seines Systems und vor allem von der Kirche, der Inquisition. Im Namen des rechten Glaubens werden ganze Völker unterjocht, Menschen gemordet, vergewaltigt und verbrannt. Menschen als „Nummern“, als Material der Geschichte.

 

Menschenverachtung, durch den Glauben, durch Ideologie „geheiligt“. Verdis „Don Carlos“ ist eine Oper über ein Überwachungs- und Terrorsystem und über Menschen, die zu Gefangenen dieses herrschenden Machtapparats geworden sind. Im Gegensatz zu Schiller, bei dem die handelnden Personen Träger von Ideen sind, die Geschichte machen und provozieren, rückt Verdi die Einzelschicksale der Menschen in den Vordergrund. „Wie Meyerbeer und Wagner an vergleichbaren Stellen meistert Verdi die Schwierigkeit, ‚Ideenmusik’ zu schreiben, durch den Kunstgriff der Personalisierung und Emotionalisierung.“ (Sieghart Döhring)

 

Oper in fünf Akten von Giuseppe Verdi (Modena-Fassung, 1886), Text von Joseph Méry und Camille du Locle, nach dem Dramatischen Gedicht „Don Carlos, Infant von Spanien“ (1805) von Friedrich Schiller

– in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

 

Musikalische Leitung: Justin Brown | Inszenierung: Robert Tannenbaum | Bühne: Christian Floeren | Kostüme: Ute Frühling | Chor: Carl Robert Helg

 

Mit: Ks. Konstantin Gorny / Mika Kares (Philipp II.), Barbara Dobrzanska (Elisabeth), Keith Ikaia-Purdy (Don Carlos), Sabina Willeit / Anna Maria Dur (Eboli), Armin Kolarczyk / Walter Donati (Marquis von Posa), Ulrich Schneider / Mika Kares (Großinquisitor), Luiz Molz / Lukas Schmid (Ein Mönch), Clara Lim / Özgecan Gençer / Berit Barfred Jensen (Tebaldo), Daniela Köhler (Gräfin von Aremberg), Mehmet Utku Kuzuluk (Graf Lerma / Herold), Gideon Poppe (Herold), Özgecan Gençer / Clara Lim / Berit Barfred Jensen (Stimme von oben)

Badischer Staatsopernchor, Extrachor

Badische Staatskapelle

 

Weitere Vorstellungen: 16. und 23. Mai 2009

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 14 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT --- Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton…

Von: ALEXANDER WALTHER

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑