Die Uraufführung von Der Troubadour am 19. Januar 1853 stand unter keinem guten Stern: Der Tiber war über die Ufer getreten und die Premierengäste des "Teatro Apollo" mussten durch den Schlamm waten, um zur Vorstellung zu gelangen. Allen widrigen Umständen zum Trotz wurde der Abend ein Erfolg und das Publikum bedachte Verdis Troubadour trotz nasser Füße mit begeisterten Ovationen. Nur fünf Jahre später wurde die Oper bereits auf allen Kontinenten gespielt.
Betrachtet man die Handlung des Troubadour, mag einen ein solcher Siegeszug vielleicht zunächst überraschen. Denn die Geschichte um Luna und Manrico, die (ohne zu wissen, dass sie Brüder sind) um die gleiche Geliebte kämpfen, und die Geschichte um die Zigeunerin Azucena, deren Versprechen, den Feuertod der Mutter zu rächen, am Ende auf makabre Weise eingelöst wird, wirkt auf den ersten Blick reichlich kompliziert. Doch auch wenn zwingende Logik nicht gerade die Stärke dieses bizarren Stoffs ist, besitzt er dennoch eine eigentümliche Magie.
Leidenschaftliche Musik
Der Komponist Giuseppe Verdi war ein Spezialist für die Ausgestaltung leidenschaftlicher Emotionen. Mit Der Troubadour erreichte er die musikalische Meisterschaft seiner mittleren Jahre; die Oper ist bis auf den heutigen Tag eines seiner populärsten Werke geblieben. Sein Interesse galt im Troubadour vor allem der Darstellung ungewöhnlicher Charaktere und großer Leidenschaften vor dem Hintergrund schicksalshaft vorausbestimmter Verhängnisse. In einem wahren Schaffensrausch verarbeitete Verdi im November 1852 die Vorlage – das Schauspiel El Trovador des spanischen Dichters António García Gutiérrez – zu einer Oper voller musikalischer Höhepunkte. Liebe, Hass, Verzweiflung, Treue und Verrat, das sind die Motive, die Verdi zu seiner rhythmischen, leidenschaftlichen und äußerst lebendigen Musik inspirierten. Der Verzicht auf Glaubwürdigkeit mag Verdis musikalische Phantasie dabei sogar beflügelt haben: Im Troubadour widmet er sich ganz der Gestaltung effektvoller Bilder und großer Situationen - Verwechslung und Entführung, Entlarvung, Selbstopfer und schließlich eine Hinrichtung als Racheakt und Brudermord. Die Partien sind klar und effektvoll, die Melodien griffig und emotional, die Handlung ist tempo- und kontrastreich.
Sensationslüsternes Bürgertum
Eine weitere Erklärung für den großen Erfolg von Der Troubadour dürfte aber auch in einem ganz anderen Detail begründet liegen: Das 19.Jahrhundert liebte nämlich Gemetzel. In einer Zeit, da es noch keine Massenmedien gab, die allabendlich Katastrophen direkt ins Wohnzimmer lieferten, war man auf möglichst wüste Stoffe auf der Bühne angewiesen, um dem Sensationsbedürfnis des boomenden Bürgertums zu genügen: Giuseppe Verdi war ein Meister der kunstvollen Verpackung wild emotionaler Stoffe und Der Troubadour gehört wohl zu den besonders gelungenen Umsetzungen eines haarsträubend brutalen Plots.
Wahnsinn, Rache, Eifersucht
Die Geschichte des Troubadour basiert im Grunde auf der Unfähigkeit der Menschen zur Kommunikation, sie prangert Rassismus gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten an und anhaltendes Morden aus Rachsucht. Graf Luna lässt eine Zigeunerin als Hexe verbrennen. Ihre Tochter Azucena entführt dessen Sohn, wirft aber in der Verwirrung ihr eigenes Kind anstatt des entführten ins Feuer. Daraufhin erzieht sie den Fremden Manrico, als wäre er ihr Sprössling. Als der wiederum erwachsen ist, buhlt er als "Troubadour" gemeinsam mit dem Sohn des alten Grafen um die Hofdame Leonore, die ihn tatsächlich liebt.
Die Konkurrenten duellieren sich, Manrico bringt es nicht fertig, den jungen Grafen zu töten. Dieser wiederum verhaftet daraufhin Azucena. Manrico versucht erfolglos, sie zu befreien und gerät wie seine Mutter in die Gefangenschaft des Grafen. Leonore will ihn retten, indem sie dem Grafen eine heiße Liebesnacht verspricht, nimmt aber Gift, um sie nicht einhalten zu müssen. Als sie Manrico befreien will, erkennt dieser den Preis seiner Freiheit und bleibt. Daraufhin wird er vom Grafen hingerichtet. Nach der Enthauptung eröffnet Azucena dem Potentaten, dass er eben seinen eigenen Bruder hat köpfen lassen und bricht mit dem Satz "Du bist gerächt, oh Mutter" zusammen.