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DER STAAT GEHÖRT DEN MÄNNERN -- Premiere "Walking_again in FEAR" als Audiowalk mit dem Studiotheater in Stuttgart

am 11. 9. 2025/STUTTGART

Eine ungewöhnliche Theatervorstellung im Freien hat das Studiotheater geboten. In Text und Konzeption von Luise Leschik und Dawn Patricia Robinson präsentierten die "silent ladies_" als feministisches Theaterperformancelabel einen Audiowalk als abwechslungsreichen Streifzug durch Stuttgart. Das mulmige Gefühl von Frauen auf dem Nachhauseweg wurde thematisiert. Der Alptraum von Femiziden stand immer wieder grell im Mittelpunkt. Körperliche, sexuelle, psychische und wirtschaftliche Gewalt zeigte sich per Kopfhörer in vielen Facetten.

 

Copyright: Studio Theater Stuttgart

 Extreme Eifersucht und unrealistische Erwartungen spielten wiederholt mit. Zuletzt wurde dann auch mit "feministischer Gewalt" als Vergeltungsschlag gedroht. Männer erschienen bei dieser Performance als Unterdrücker - und die Darstellerinnen Martina Gunkel, Luise Leschik, Dawn Patricia Robinson und Mira Sanjana Sharma versuchten den Gewaltkreislauf aus der Täterperspektive aufzubrechen. Die Tatsache, dass alle vier Minuten eine Frau in Deutschland Gewalt durch den Ex-Partner erlebt, wurde ganz bewusst nicht ausgeblendet. Allein 2023 wurden 360 Frauen durch Partnerschaftsgewalt getötet. Dies konnte man dann per Kopfhörer hören und nachvollziehen: "Die Scham muss die Seiten wechseln!" 

Dabei kam es auch zu Assoziationen wie "Staatsverbrechen" und "Kriegsführung". Dieser Audiowalk führte an Orte im Stadtraum Stuttgart. Beobachten und Mitlaufen ergänzten sich gegenseitig. Dass Gewalt gegen Frauen natürlich alle angeht, zeigten auch die angesprochenen Warnsignale wie extreme Eifersucht, Kontrolle und Isolation, Ablehnung der Familie oder Geheimniskrämerei und Lügen. Das Versagen des Staates in vielen zentralen Fragen geisselten die "silent ladies_" wirkungsvoll. Manche Frauen bekommen in dieser seltsamen "Ständegesellschaft" nicht einmal ein eigenes Konto. Und dass dieser Staat letztendlich doch den Männern gehört, trat deutlich zutage. Patriarchale Strukturen wurden ad absurdum geführt. Auch die Istanbul-Konvention hat daran nichts geändert. 

Die Frauen erschienen immer wieder als Mahnmal oder lebende Statuen, um auf Gewalteskalationen aufmerksam zu machen. Stalking, Verbrennen und Prügeln sind eigentlich nur der Gipfel des Eisbergs. Im Laufe des Abends dachte man verstärkt darüber nach, was eigentlich getan werden muss, um diese komplizierte Situation zu verbessern. Doch darauf bekam man nicht wirklich eine Antwort. Dennoch verfehlte diese gut gemachte Performance ihre erschreckende Wirkung nicht.   
 
    

 

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