Wilhelm Hauff ist ein ‚romantischer Realist’ der Moderne. In seinen Märchen begegnen wir einem tragikomischen Panoptikum von Figuren, deren Körper durch die industrielle Modernisierung verwandelt wurden. Zwerg Nase oder Kalif Storch haben jedoch das Zauberwort für die Rückverwandlung in ihre normale Gestalt vergessen. Ging es zu Hauffs Zeiten um die Gier nach Geld, so geht es den Menschen in der heutigen Arbeits- und Lebenswelt ums nackte Überleben in einer Welt, in der Anpassung bis zur Selbstaufgabe gefordert ist.
Das deutsche Wirtshaus ist in der Fassung von Sandy Lopicic und Peter Staatsmann nach Ägypten zwischen Urlaubsstrand und Revolution versetzt worden. Auf diesem Hintergrund erleben neun Europäer das Ende ihrer Arbeit zwischen Selbstverwirklichungs-Workshop und prekärer Tätigkeit. Der Zusammenprall von ‚heroischer’ Revolution und den ‚postheroischen’ Europäern lässt deren Identitäten zerplatzen. Jeden Abend Musical zu liefern geht über ihre Kräfte, so dass sich in die Komödie zunehmend tragische Momente mischen.
Wird es noch gelingen, das Zauberpfeifchen Hauffs zum Klingen zu bringen, so dass wir aus dem psychotischen Märchen wieder in eine menschliche Welt
entkommen? Unsere Lage entspricht der der Reisenden im Wirtshaus im Spessart: Wie sie ahnen wir, dass die Räuber unterwegs sind, dass die Deformation schon zu weit ging – und wie sie stellen wir uns der Angst entgegen. Was hilft aber alles, wenn wir am Ende erkennen müssen: Die Räuber sind wir selbst!
Regie und musikalische Leitung Sandy Lopicic,
Ausstattung Thurid Peine, Video Bahadir Hamdemir,
Text und Dramaturgie Peter Staatsmann
mit Jeanne Devos, Caroline Dietrich, Petra Hartung; Markus Fennert, Christoph Heckel, Bastian
Heidenreich, Christian Klischat, Tobias Schormann, Michael Wächter
Musiker Matthias Loibner, Xell
Weitere Vorstellungen:
Freitag, 18. November 2011 / 19.30 Uhr / großes haus
Samstag, 26. November 2011 / 19.30 Uhr / großes haus