1910 wurde der junge Albert Levy zum Geschäftsführer ernannt. Vier Jahre später heiratete er Franziska, die Tochter der Buckys und wurde Mitinhaber des Unternehmens. Albert Levy diente im Ersten Weltkrieg für Deutschland. In den 1920er Jahren erlebte das Kaufhaus einen scheinbar unaufhaltsamen Aufschwung. Doch so erfolgreich sie auch waren, nach 1933 bewahrte niemand
die Familien vor ihrer Zerschlagung: Sie wurden verfolgt, gedemütigt und enteignet.
Einigen Familienmitgliedern gelang rechtzeitig die Flucht, andere wurden inhaftiert, deportiert und schließlich in den Vernichtungslagern ermordet. So nahm die wohl erfolgreichste jüdische Familiengeschichte Altenburgs ein tragisches Ende.
Deutsche, israelische, palästinensische, rumänische und türkische Schauspieler_ innen wandeln auf den Spuren der Familiengeschichte. Ebenso nehmen sie die Historie zum Ausgangspunkt, um über ihre eigenen Erfahrungen von Ausgrenzung, ihre eigenen Familiengeschichten oder ihre Sicht auf die aktuelle politische Situation in ihren Ländern zu sprechen. Die Familiengeschichte steht beispielhaft für viele andere Schicksale der Vergangenheit und Gegenwart.
Konzeption des Stückes
Geschichte ist allgemeingültig und umfassend lückenlos nicht darstellbar. Geschichtsschreibung besteht aus eigenen Blickwinkeln, persönlichen Erfahrungen und Geschichten. So wird sie uns auch überliefert: Durch Zeugnisse, Urkunden, Erlebnisberichte, künstlerische Bearbeitungen, Tonaufnahmen und
vieles mehr.
Die mannigfaltigen Dokumentationsweisen greift das Theaterstück als Spaziergang, als Museumsbesuch, als Performance, als Kunstinstallation und Hörspiel auf. Die Vielschichtigkeit der Darstellungsformen schafft ein Mosaik aus Berichten und Begegnungen, Historischem und Gegenwärtigem, Fakten und Fiktionen. Wie können wir Geschichte denken? Was bleibt von einzelnen Geschichten und Schicksalen übrig? Welche Perspektive nimmt die Geschichtsschreibung ein? Und: Wer bestimmt, welche Schicksale erzählenswert sind? Können wir aus der Geschichte lernen? Welche Bezüge zeigen sich zu unserer heutigen Zeit, was haben wir persönlich mit unserer Biografie für Verbindungen zur Vergangenheit? Und letztlich: Was wünschen wir uns für die Zukunft?
All diese Fragen stellt die Theateraufführung und all diese Fragen kann und darf sie nicht erschöpfend beantworten. Es bleibt dem Zuschauer überlassen, zuzusehen und hinzuhören, verschiedene Zeitdokumente zu erforschen und Sichtweisen einzunehmen, um sich letztlich sein eigenes Bild zu machen und auch nach dem Theaterbesuch weiterhin Anregung zu finden, sich zu informieren, ins Gespräch zu kommen und über Geschichte und Gegenwart nachzudenken.
Cohn Bucky Levy – Der Verlust“ ist eine Stückentwicklung nach einem Text von Mona Becker, unter Mitarbeit von Gabriela Aldor, Mahmoud Abo Arisheh und Ensemble. Es handelt sich dabei um eine Koproduktion von Theater&Philharmonie Thüringen, dem Jaffa Theater und dem Qarar House for Music, Theatre and Arts, die durch die Kulturstiftung des Bundes und die Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft gefördert wird. Schirmherr ist der Ministerpräsident des Landes Thüringen Bodo Ramelow.
Weitere wichtige Partner des Projektes sind der Heimatforscher Christian Repkewitz, der zu der Familie recherchiert hat und der Lokalsender TV Altenburg, der das Projekt medial begleitet hat. Als theatrale Stadterkundung auf den Spuren jüdischen Lebens in Altenburg fand die mehrsprachige Uraufführung von „Cohn Bucky Levy – Der Verlust“ am 20. Mai 2017 in Altenburg statt und wurde in Folge dessen 11 weitere Male gespielt. Zur Premiere waren um die 20 Nachfahren der Familien Cohn, Bucky und Levy aus Großbritannien, Kanada, Südafrika und den USA nach Thüringen gereist. Sowohl in der Bevölkerung, als auch bei des Lokal- und Landespolitik stießen die Auffürungen auf Interesse und Unterstützung. Am 7. September wird die Premiere des Stückes im und um das Jaffa Theater in Tel Aviv stattfinden.
Künstlerische Leitung, Regie Bernhard Stengele
Produktionsleitung Igal Ezraty, Ueli Häsler
Ausstattung, Installationen Marianne Hollenstein
Musikalische Leiter, Kompositionen Mohammad Kundas,
Olav Kröger
Sounddesign Heinrich Diemer
Dramaturgie Svea Haugwitz
Produktionsassistenz Mandy Röhr
Regieassistenz Yasin Baig
Dramaturgieassistenz Anna Borcherding
Spielleitung MitspielerAKADEMIE, Theaterpädagogik David Schönherr
Leitung MitspielerAKADEMIE Eva Opitz
Wissenschaftlicher Berater Christian Repkewitz
Schauspieler/-innen
Meshi Elbar*
Yaara Jarrar*
Shair Kabaha*
Kfir Livne-Amram*
Mechthild Scrobanita
Christiane Nothofer
Öykü Oktay
Peter Prautsch*
Ioachim Zarculea
Theater&Philharmonie Thüringen (TPT) Gera/Altenburg ist das einzige Fünf-Sparten-Haus Thüringens. Es beschäftigt derzeit um die 300 Mitarbeiter aus 26 Nationen weltweit. Die Sparten Schauspiel, Musiktheater, Puppentheater, Ballett und Orchester bestreiten im Jahr ca. 800 Vorstellungen mit rund 140 000 Zuschauern. 2017 wurde TPT mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet und ging als Gewinner der Kritikerumfrage der Deutschen Bühne in der Kategorie „Theater abseits der Zentren“ hervor.
Das Jaffa Theater ist eine Bühne für arabische und hebräische Kultur, die im Herzen der Altstadt Jaffas, einer der belebtesten und modernsten Stadtteile Tel Avivs, beheimatet ist. Gegründet wurde das Theater 1998. Inspiriert sowohl von Moderne als auch Tradition, arbeiten hebräisch und arabisch sprechende KünstlerInnen gemeinsam miteinander als SchauspielerInnen, RegisseurInnen und AutorInnen an politisch wie sozial aktuellen Fragen und Themen.
Qarar - House for Music, Theatre and Arts ist ein Künstlerkollektiv, das sich für den friedlichen Diskurs zwischen hebräischen und arabischen, israelischen und palästinensischen KünstlerInnen und ZuschauerInnen mittels der Musik, der performativen und darstellenden Künste einsetzt.
Vorstellungen bis einschließlich zwölften September jeden Abend ab 18:00 Uhr.