Das Un-Begreifliche seiner Herkunft, der Herkunft des Staubes, heiligt ihn. Das zumindest ist Antigones Auffassung, die uns ebensowenig mehr geläufig ist, wie die un-begreifliche Genese des Staubes, aus dem wir gemacht sind und zu dem wir werden, uns beruhigt. Frank-Patrick Steckel
Zwei Brüder, Söhne des Ödipus, haben sich im Kampf um die Macht gegenseitig getötet. Eteokles wird vom neuen Herrscher Kreon mit allen Ehren begraben, Polyneikes aber, jener Sohn, der mit feindlichem Heer die Heimatstadt Theben überfallen wollte, soll unbestattet den wilden Tieren vor den Stadtmauern zum Fraß überlassen werden. Seine Schwester Antigone beschließt, ihn trotz strengsten Verbotes zu beerdigen. Antigone vor dem Palast – das ist sowohl Urszene des Widerstands als auch des abendländischen Theaters: Ein Einzelner tritt aus der Masse des Chors und sagt: »Ich bin nicht einverstanden – auch wenn ich deswegen sterben muss.« Für den Politiker sind Dinge verhandelbar, für Antigone ist ihre Gewissensentscheidung absolut. In diesem Sinne ist auch Kreon kein Politiker: Gesetze sind einzuhalten. Antigone ist die Geschichte des Aufbegehrens einer jungen Frau gegen die politische Macht. Wer hat recht? Die innere Stimme oder die Gesetze des Staates?
Martin Schulze inszeniert mit Antigone bereits zum zehnten Mal am Staatstheater Kassel. Mit seiner Inszenierung von Hamlet wurde er im Jahrbuch von Theater heute 2009 in der Rubrik »Bester Nachwuchskünstler« genannt. Zuletzt inszenierte Martin Schulze im tif Dennis Kellys Waisen.
Übersetzung Frank-Patrick Steckel
Mit Ingrid Noemi Stein (Antigone), Enrique Keil (Kreon), Alina Rank (Ismene), Artur Spannagel (Hämon), Bernd Hölscher (Teiresias / Chor), Eva-Maria Keller (Euridike / Chor), Jonas Grundner-Culemann (Wächter / Chor), Sabrina Ceesay (Chor), Franz Josef Strohmeier (Chor)
Inszenierung: Martin Schulze,
Bühne: Daniel Roskamp,
Kostüme: Ulrike Obermüller,
Musik: Dirk Raulf,
Dramaturgie: Michael Volk
Nächste Termine: 25.2., 5. und 19.3.; 19.30 Uhr