ANTIGONE
Sophokles / Deutsch von Simon Werle
Seit Hegel stehen die Sympathien fest: Antigone, weiblich, jung, moralisch integer – Kreon, männlich, alt, ein Macht versessener Diktator. Ist dem wirklich so? – Fiel Kreon die Macht nicht wider Willen zu, da beide Anwärter auf den Thron im Kampf um denselben starben? Wie viel Aggression erwächst aus Kreons Angst, aus der Unsicherheit eines Mannes, den die Königswürde drückt?
Nach dem vermeintlichen Erfolg im Krieg schlägt der Kampf gegen den äußeren Feind in einen Kampf im Innern um: Die Kommunikation der „Sieger“ untereinander gerät zum bloßen Abfeuern von Meinungen. Sprechen wird wichtiger als Hören. Recht haben scheint bedeutsamer als im Recht sein und Recht geben.
Kai Festersens Interpretation der antiken Geschichte Antigones, die ihren Bruder trotz Kreons Verbot bestattet, untersucht ausgehend von der These des kanadischen Philosophen und Medienkritikers Marshall McLuhan, nach der moralische Entrüstung die Standardstrategie der Idioten sei, um sich Würde zu verleihen, die Kommunikationsstrategien der gegnerischen Parteien. Dabei geht es Festersen weder um Moral noch um Recht, sondern um die Frage, wie Kommunikation über ein Problem heute geführt wird. Wie kann man miteinander reden, wenn es nur noch um die Bestätigung der eigenen Weltsicht geht, wie Fehler zugeben, Positionen verändern, wenn man stets fürchtet, „das Gesicht zu verlieren“?
DIE BAKCHEN
Euripides / In einer Theaterfassung von Sören Hornung und Ensemble nach der Übersetzung von Johann Adam Hartung
Euripides schildert in seiner 406 v. Chr. uraufgeführten griechischen Tragödie DIE BAKCHEN die Krise um den antiken Opferkult. Die Ordnung der Stadt Theben, die ihren Bewohnern Stabilität, Sicherheit und das kostbarste Gut einer „Identität“ schenkt, wird von einer fremden Gewalt attackiert. Dionysos, der neu aufkommende Gott des Rausches führt die Frauen aus der Stadt, die in einem Zustand der Trance und Raserei dionysische Feste feiern. Unterdrückte Bedürfnisse platzen hervor und überschreiten die Schwelle des Bewusstseins. König Pentheus von Theben versucht mit aller Gewalt den neuen Kult zu verhindern und seine Ordnung zurück zu erkämpfen. Doch gerade weil das offenbar Fremde mit dem Wohlbekannten in Schwingung kommt, kann auch er Dionysos‘ Verführung nicht widerstehen. Als sich der Rausch am nächsten Morgen verflüchtigt, gibt es zwischen den Gegenspielern keinen Unterschied mehr: die Gewalt am einstimmig vollzogenen Opferritus hat alle Unterschiede getilgt und eine neue Gemeinschaft formiert.
Koproduktionen mit der Hochschule für Musik und Theater Rostock
In einer Theaterfassung von Sören Hornung und Ensemble nach der Übersetzung von Johann Adam Hartung
Regie Sören Hornung**
Ausstattung Franziska Just
Chorleitung Paula Thielecke**
Dramaturgie Bogna Grazyna Jaroslawski
Es spielen:Felicitas Erben*, Katia Fellin*, Katja Plodzistaya*, Max Mehlhose-Löffler*, Michael Schröder*, Paula Thielecke**
* Studierende des 2. Studienjahres Schauspiel an der HMT Rostock, ** vom KOLLEKTIV EINS
WEITERER TERMIN
Sonntag, 26. Februar 2017, 20:00 Uhr, Ateliertheater