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Wuppertaler Bühnen: "Die Heimkehr des Odysseus" (Il ritorno d‘Ulisse in patria) von Claudio Monteverdi

Premiere am Mittwoch, den 28.10.09, 19.30 Uhr im Teo Otto Theater in Remscheid

 

Odysseus ist ein Kriegsheimkehrer, der es nach 10 Jahren trojanischer Fehde nicht sonderlich eilig hat zu Frau, Kind und Herd nach Ithaka zurückzukehren – bei Homer liest es sich zunächst anders: dort heißt es, er müsse aus den liebenden Fängen der Nymphe Calypso „befreit“ werden.

 

Doch der Mythos ist mehrschichtig zu lesen, sodass wir annehmen können, dass ihm die Zeit des „Verliegens“ nicht ganz unangenehm war.

 

Angekommen auf seiner Heimatinsel, wird er von der ihm gewogenen Minerva besetzt als Hauptfigur im Intrigenspiel seiner eigenen Rettung: als Herrscher, Vater und Gemahl. Als Göttin der Weisheit ist sie die adäquate Verbündete für den „Listenreichen“, dem eine beängstigende Intelligenz zugeschrieben wird (er war der Erfinder des Trojanische Pferdes).

 

Wie Adorno und Horkheimer am Beispiel des Odysseus in ihrer „Dialektik der Aufklärung“ gezeigt haben, leidet das Subjekt der Aufklärung unter dem Verlust des archaischen Ichs. Seine eigene Intelligenz tritt ihm als selbstzerstörerische entgegen. Oder: das Ich entdeckt, spätestens seit Sigmund Freud, in sich und (auch um ihn herum) seinen eigenen angeschwemmten Müll.

 

Dieser wird an die Ränder und Ufer der klaren, lichten Bühne, auf der der Wuppertaler „Ulisse“ spielt, angespült. Gestalten des Mythos inszenieren sich retrospektiv als multiple Figuren heutiger Realität, auch Ulisse schleicht sich undercover auf das Schlachtfeld. Die Freier belagern Penelope, der langsam die Vorräte ausgehen, wie eine Burg. Ulisse ist schließlich der einzige, der der Prüfung seiner Identität standhält (er spannt den Bogen!) – doch ausgerechnet diejenige, die doch mit dem Herzen sehen sollte, glaubt ihm lange nicht. Vielleicht sieht sie als einzige, dass der Ulisse, den sie kannte, mit dem, der zurückkehrte, nicht mehr viel zu tun hat.

 

Christoph Spering, Barockmusik-Spezialist, ist der musikalische Leiter, und er konzentriert sich mit seinem sparsam besetzten Orchester auf das, was Monteverdi damals versucht hat: den Text des Mythos innerhalb der Musik verstehbar zu machen. Nicht umsonst gilt Monteverdi als „Erfinder“ der Oper, da er entgegen überlieferter Praxis die Textverständlichkeit zum Motor seiner Kompositionen machte. Banu Böke singt die Minerva, Joslyn Rechter die Penelope, Timothy Sharp den Ulisse.

 

Musikalische Leitung: Christoph Spering

Inszenierung: Jacob Peters-Messer

Bühnenbild: Markus Erik Meyer

Kostüme: Sven Bindseil

Choreinstudierung: Jens Bingert

Dramaturgie: Johannes Blum

 

Mit: Banu Böke, Joslyn Rechter, Miriam Scholz, Ute Temizel, Marco Agostini, Peter König, Miljan Milovic, Nathan Notrhup, Thomas Schobert, Timothy Sharp, Christian Sturm,

 

Bergische Sinfoniker

Sinfonieorchester Wuppertal

 

Die nächste Vorstellung ist am 30. Oktober 2009 im Teo Otto Theater in Remscheid

 

Premiere in Wuppertal ist am 15.01.2010

 

 

 

 

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