Der mit 3000 Euro dotierte "Primeurs"-Autorenpreis wurde dieses Jahr erstmals nicht von einer Publikumsjury, sondern vom gesamten Publikum per Stimmkarten vergeben. Gestiftet wird er vom Saarländischen Rundfunk und dem Verein der Freunde des SST. Die sechste Ausgabe des Festivals in der Alten Feuerwache des Saarländischen Staatstheaters (SST) war erneut ein großer Erfolg bei Publikum und Autoren; an drei Tagen wurden sechs neue Theaterstücke aus Kanada und Frankreich in einem Live-Hörspiel, szenischen Lesungen und Werkstattinszenierungen präsentiert. Alle sechs Texte wurden von den Zuschauern in der Abstimmung gut bewertet, Pelliers Text lag dennoch deutlich vorn.
"Ein gutes Drittel der seit 2007 bei "Primeurs" vorgestellten Autoren ist inzwischen an anderen Bühnen nachgespielt worden. Das zeigt den Rang des Festivals und ist uns Anerkennung und Ansporn zugleich", betonte die Generalintendantin des Saarländischen Staatstheaters, Dagmar Schlingmann, nach der Preisverleihung am Samstag. Das unter ihrer Intendanz ins Leben gerufene Autorenfestival versammelt alljährlich sechs neue Theaterstücke von frankophonen Autoren aus aller Welt. "Primeurs", das in Kooperation mit SR2 KulturRadio, Le Carreau, scène nationale de Forbach et de l'est mosellan und dem Institut Français stattfindet, ist zu einer der wichtigsten Plattformen für die Vermittlung frankophoner Dramatik herangewachsen. Bedeutende und mit hohen literarischen Preisen ausgezeichnete Autoren wie Marie N´Diaye und Joël Pommerat wurden hier zum ersten Mal gezeigt.
In Publikumsgesprächen und Diskussionen mit Autoren, Übersetzern und Vertretern der französischen Autorenvereinigung SACD fand auch 2012 ein überaus anregender Austausch über zeitgenössische Dramatik statt. Erstmals angeboten wurde die Veranstaltung "Live-Übersetzen" mit dem renommierten Übersetzer Frank Weigand, der allein drei Texte der diesjährigen Auswahl ins Deutsche übertragen hat.
Unter den Preisträgern ist William Pellier nach dem Togolesen Gustave Akakpo (2008 und 2011), den Kanadiern Evelyne de la Chenelière / Daniel Brière (2009) und Jennifer Tremblay (2010) der erste Franzose.
Weitere Informationen zu Stück und Autor
WIR WAREN
von William Pellier
Lesung in deutscher Sprache
Aus dem Französischen von Leyla-Claire Rabih und Frank Weigand
Szenische Einrichtung: Katharina Schmidt
Produktion: Saarländisches Staatstheater
mit Gabriela Krestan und Hans-Georg Körbel
Ausstattung: Ina Reichert
Dramaturgie: Ursula Thinnes
Alt werden - ein Thema, das in den letzten Jahren in Literatur und Film immer häufiger aufgegriffen wurde, das in unserer »alternden« Gesellschaft zunehmend an Relevanz gewinnt. Pellier benennt die Umstände des Älterwerdens in seinem Stück »Wir waren« klar und unerschrocken. Er verleiht einem älteren Ehepaar eine Stimme. Sie und Er bleiben dabei namenlos. Gemeinsam führten sie ein Leben, das sich schleichend aber konstant auf eine andauernde Unzufriedenheit zubewegt. Viele Gewohnheiten wie das Fernsehen und die alltäglichen Mahlzeiten scheinen sich völlig erschöpft zu haben. Und doch sind diese Gewohnheiten so vertraut, wenn nicht sogar lebenserhaltend. Nach ihrem letzten Urlaub entscheiden sie sich, nicht nach Hause zurückzukehren, doch ihr Selbstmord bleibt ein Versuch. Ihr folgendes Dasein im Pflegeheim umschließt den stetigen Rückblick auf eine in all ihrer Schlichtheit glücklichen Ehe - den Rückblick auf das, was sie waren.
William Pellier wurde 1961 im französischen Departement Haute-Savoie geboren. Seit 1986 arbeitet er als Schauspieler, Autor und Regisseur für verschiedene Theaterkompanien. Pelliers Texte changieren häufig zwischen Prosa und Theater.
Mit seinem Stück »La grammaire des mammifères« erhielt er 2006 den Sonderpreis der Jury des Grand Prix de littérature dramatique. »Wir waren« wurde im Frühjahr 2012 vom Saarländischen Rundfunk als Hörspiel produziert und kommt am 30. November 2012 am Theater Osnabrück zur deutschen Erstaufführung.