Es ist ihr letzter Wille, dass die beiden zwei verschlossene Briefumschläge übergeben: den einen an ihren tot geglaubten Vater und den anderen an einen ihnen unbekannten Bruder. Jeanne und besonders Simon sträuben sich zunächst gegen Nawals Wunsch; zu fremd war die Mutter ihnen geworden. Im Nahen Osten, der Heimat ihrer Mutter, macht Jeanne sich schließlich doch auf die Suche. Es ist eine Reise zu ihren Wurzeln, in eine Vergangenheit aus Hass, Gewalt und Krieg – und einer großen Liebe, die nicht gelebt werden durfte. Was die Zwillinge bei dem Versuch, den letzten Willen ihrer Mutter zu erfüllen, über die Geschichte ihrer Familie und damit auch über sich selbst herausfinden, stellt alles, woran sie bisher glaubten, in Frage.
Der frankokanadische Autor Wajdi Mouawad, 1968 im Libanon geboren und vor dem Bürgerkrieg nach Kanada geflohen, erzählt in „Verbrennungen“ eine erschütternde Familiengeschichte archaischen Ausmaßes, die sich leicht auf zahlreiche gegenwärtige politische Konflikte übertragen lässt. Mouawad verbindet die individuelle Familientragödie mit der kollektiven Katastrophe Krieg und thematisiert gleichermaßen verstörend wie berührend, aber auch ungeheuer poetisch die Schwierigkeit, selbst in unserer vermeintlich zivilisierten Welt einer sich ewig weiterdrehenden Gewaltspirale zu entfliehen. Die Verfilmung des Theaterstücks unter dem Titel „Die Frau die singt“ wurde 2011 als bester fremdsprachiger Film für den Oscar nominiert.
Martin Schulze wird „Verbrennungen“ inszenieren. Er studierte Regie am Max Reinhardt Seminar in Wien. Seit 2000 arbeitet er als freier Regisseur an zahlreichen Häusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz, u. a. am Volkstheater Wien, am Deutschen Nationaltheater Weimar, am Schauspiel Essen, am Staatstheater Kassel, am Staatstheater Braunschweig, am Theater Münster und am Schauspiel Frankfurt. 2009 wurde er in der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ in der Rubrik „Bester Nachwuchskünstler“ nominiert. Seit 2008 arbeitet er als Lehrbeauftragter für Hörspiel am Max Reinhardt Seminar in Wien. Martin Schulze lebt als freischaffender Regisseur in Köln. Am Schauspiel Essen inszenierte er in der Spielzeit 2012/2013 Shakespeares „Wie es euch gefällt“.
Deutsch von Uli Menke
Bühne: Daniel Roskamp | Kostüme: Michael Sieberock-Serafimowitsch | Musik: Dirk Raulf |
Videografie: Tobias Bieseke | Dramaturgie: Jana Zipse
Mit: Axel Holst, Marieke Kregel, Ines Krug, Jörg Malchow, Thomas Meczele, Stefanie Rösner,
Stephanie Schönfeld, Jens Winterstein.