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Uraufführung: "Yasou Aida! Die Griechen kommen" in der NEUKÖLLNER OPER Berlin

Premiere I Donnerstag, 19. Januar 2012, 20.00 Uhr

Premiere II Samstag, 21. Januar 2012, 20.00 Uhr. -----

 

Ein deutsch-griechisches Freundschaftstreffen. Verdis Aida neu gefasst von Kharálampos Goyós (Arrangement), Dimitris Dimopoulos (Text) und Alexandros Efklidis (Idee)

 

Was haben eine Oper, die 1871 in Kairo uraufgeführt wurde und von einem ägyptischen Khediven in Auftrag gegeben worden war, mit der heutigen Finanzkrise und deren Einfluss auf die deutsch-griechischen Beziehungen zu tun?

 

Das Team der Produktion "Yasou Aida" (einer Bearbeitung von Verdis weltberühmter "Aida"), die im "alternativen" Opernhaus Neuköllner Oper in Berlin uraufgeführt und später auch in der Megaron Thessaloniki zu sehen sein wird, sieht Parallelen: einerseits ein emblematisches Werk der kolonialistischen Epoche Europas und andererseits die Implementierung harter politischer Weichenstellungen und Beschlüsse mittels einer "postkolonialistischen" Sprache.

 

Die Koproduktion der Neuköllner Oper, der Musiktheaterformation "The Beggars' Operas" und der Megaron Thessaloniki ist ein "Freundschaftstreffen": Sie wird aufgeführt von einem gemischten Ensemble deutscher und griechischer Künstler und versucht zu zeigen, dass Kunst die politischen Beziehungen verbessern kann.

 

Also, worum genau dreht es sich bei "Yasou Aida", und wie ist das Werk entstanden? "Die Neuköllner Oper ist ein Musiktheater mit starkem politischen und sozialen Impetus, sagt Alexander Efklidis, der für die Regie verantwortlich zeichnet. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen seit 2010 wollte sich dieses Berliner Theater mit dem Thema befassen. Gemeinsame Bekannte haben uns zusammengeführt. Wir haben uns getroffen, gesprochen, ich habe den Berlinern meine Arbeit gezeigt, und irgendwann habe ich die Idee ins Spiel gebracht, dass wir eine Aida-Bearbeitung entwickeln könnten, die sich um die aktuelle Situation dreht. Ich glaube, diese Oper verweist wirklich auf all' die Phänomene, die wir heute erleben: die Entsprechungen zu der kolonialistischen Sprache des späten 19. Jahrhunderts, die Macht der "zivilisierten" ägyptischen Imperatoren gegenüber den "barbarischen" Äthiopiern im besetzten Nachbarland weist viele Parallelen auf zu einer Kolonialismus-ähnlichen aktuellen Realität, die voller stereotyper Darstellungen ist, wie z. B. von den "Fleissigen" - im Norden - und den "Faulen" - im Süden -, von den "diziplinierten" Deutschen und den "verschwenderischen" Griechen. Für mich ist interessant, wie sich eine Beziehung innerhalb einer Interessensgemeinschaft zu einem Machtkampf zwischen dem Starken und dem Schwachen entfaltet."

 

Die Berliner Theatermacher haben diesen Vorschlag aufgegriffen, und so begannen die Vorbereitungen. Die musikalische Bearbeitung/Arrangement - für fünf Musiker und zehn Sänger - wurde von Kharálampos Goyós geschaffen, der auch die musikalische Leitung innehat, den Text (auf deutsch, englisch und griechisch) hat Dimitris Dimopoulos geschaffen, die Ausstattung entwarf Andrea Nolte.

 

Elpida (Hoffnung) und die Europäische Bank

 

Ort des Geschehens ist die EZB in Frankfurt. Aida - Elpida - ist eine junge Trainee aus Griechenland, die ihr Studium dort mit "summa cum laude" abgeschlossen hat und ihr Glück im Ausland sucht. "Eigentlich ist die Figur von Elpida bei uns die Abbildung aller jener hochqualifizierten jungen Menschen Griechenlands, die ins Ausland gehen, weil sie in Griechenland chancenlos bleiben", und betont auch den humorvollen Charakter der Produktion. "Rainer andererseits, der der Figur des Radames bei Verdi entspricht, ist der deeutsche EU-Sparkommissar, der nach Griechenland fliegt, um die Maßnahmen zu applizieren, und der sich irgendwann des kompletten Misserfolgs bewusst wir und einen moralischen Schock erleidet."

 

Der Regisseur erläutert, dass Amonasro in "Yasou Aida" nicht der leibhaftige Vater von Elpida, wohl aber ein ebenso paternalistischer griechischer Politiker (entsprechend dem üblichen Auftreten griechischer Politiker!) ist. Und Amneris, hier Anna Riche, ist nicht die Tochter des Königs, sehr wohl aber dessen "politisches Kind", also sein Ziehkind im Sinne der politischen Hierarchie.

Ich frage nach dem Eindruck des Regisseurs von der Haltung der Deutschen gegenüber Griechenland. "Um ehrlich zu sein: Sowohl ich wie auch das gesamte Team, wir verbringen fast unsere ganzen Tage im Theater, und so kommt es kaum zu Kontakten außerhalb", antwortet Alexandros Efklidis. "Aber die Mitarbeiter der Neuköllner Oper sind wunderbar zu uns. Sie glauben daran, dass es in unserer derzeitigen Situation eine wichtige Aufgabe ist, etwas dazu beizutragen, um das Bild Griechenlands gerade zu rücken. Ich sollte auch darauf hinweisen, dass sie es waren, die darauf bestanden haben, das Stück auch in unserer Heimat aufzuführen, und sie haben sehr beharrlich daran gearbeitet, damit wir das Stück im März in Thessaloniki spielen können."

 

Tatsächlich können die griechischen Künstler nicht sehr oft im Ausland über die aktuelle Situation unseres Landes sprechen, und so plädiert Alexandros Efklidis vor allem dafür, als Ziel der Produktion vor allem die Ehrlichkeit zu postulieren: "Wir wollen keinesfalls ein Rührstück erzählen, um Sympathie zu erheischen. Sondern wir wollen einen politischen Vorgang darstellen, damit die Zuschauer verstehen, was wirklich geschieht. Wir nutzen das Material und die Referenzen einer bekannten Oper, die aus einer anderen Zeit stammt und die für eine andere Zeit komponiert wurde, aber für das Publikum unserer Zeit - mit ihrer Schönheit, und aber auch weit darüber hinaus."

Isma M. Toulatou

 

Künstlerisches Leitungsteam

Arrangement Kharálampos Goyós

Text Dimitris Dimopoulos

Idee und Regie Alexandros Efklidis

Musikalische Leitung Kharálampos Goyós / Hans-Peter Kirchberg / Lam Tran Dinh

Ausstattung Andrea Nolte

Dramaturgie Bernhard Glocksin

 

Ensemble

Boss Michael Brieske

Krista Mária Devitzaki

Anna Riche I / Choraltus Sirin Kilic

Rainer Mess II / Chortenor Fabian Martino

Rainer Mess I / Chortenor Alexander Sascha Nikolić

Emmanouil Manos Stavrou I / Chorbass Arkadios Rakopoulos

Emmanouil Manos Stavrou II / Chorbass Vassilis Tsanaktsidis

Anna Riche II / Choraltus Anna Warnecke

Elpida II / Chorsopran Lydía Zervanos

Elpida I / Chorsopran Elpiniki Zervou

 

Orchester

Flöte / Alt-Saxophon / Melodika / Blockflöte Katja Reinbold / Stefan Klemm

Violoncello Anja-Susann Hammer

Violoncello / Blockflöte / Bouzouki Petra Kießling

Keyboard / Harmonium Alexandra Hofrichter

Piano / Melodika Kharálampos Goyós / Hans-Peter Kirchberg

 

Premiere / Thessaloniki Concert Hall "Megaron" Freitag, 9. März 2012, 20.00 Uhr

 

Spieltermine/Berlin 19., 21./22. und 26.-29. Januar sowie 2.-5., 9.-12., 16.-19. und 23.-26. Februar 2012, 20 Uhr

 

Karten 9-24 Euro, Vorbestellung unter 030 / 6889 0777, unter tickets@neukoellneroper.de

sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen

 

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