Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Uraufführung: "Verzicht Mein Nicht Oder Wie Lily den Baum der Erkenntnis fällen wollte" von Malte F. Kettler, Stör & Fried Theater BraunschweigUraufführung: "Verzicht Mein Nicht Oder Wie Lily den Baum der Erkenntnis...Uraufführung: "Verzicht...

Uraufführung: "Verzicht Mein Nicht Oder Wie Lily den Baum der Erkenntnis fällen wollte" von Malte F. Kettler, Stör & Fried Theater Braunschweig

Premiere 30. Juli 2016, 20 Uhr, im Roten Saal Braunschweig. -----

Nach Jahren in der Fremde kehrt Lily Thomassen in ihre alte Wohnung zurück. Und Lily mag keine halben Sachen. Darum setzt sie eine Annonce in die Zeitung: „Hausstand zu verschenken! Alles, was ich habe, für Umsonst!“ Sie hat einen Plan, und der erfordert nun einmal ein Maximum an Nichts.

 

Drei Männer folgen dem Inserat. Peter, ein alter Freund aus Lilys wilder Studentenzeit. Norbert, der seine geliebte Tochter-Puppe Nora überall mit hinnimmt. Und Egon Zuliewsky, Religionswissenschaftler und Hobbypsychologe. Aber der ist nur auf der Suche nach ein paar Schnäppchen.

 

Alles will Lily loswerden, Möbel, Erbstücke, Küchengeräte, Kindheitserinnerungen. Beim Kramen in alten Kisten wird immer mehr von Lilys Vergangenheit zu Tage gefördert. Es scheint fast, als hätte sie mehrere Leben gelebt. Und schnell wird klar: Wenn Lily einmal einen Plan gefasst hat, ist es beinahe unmöglich, sie davon wieder abzubringen.

 

„Verzicht ist Pop“, so singt es Rainald Grebe in seinem Lied „Der Asket“. Verzicht ist im Mainstream angekommen, er wird in allen Spielarten durchexerziert, gilt er doch als letzte Bastion der Radikalität in einer vom Konsum vollständig durchdrungenen Gesellschaft. Eigentum, Arbeit, Bindung – wir verzichten. Längst gilt er als Statussymbol. Bewusster Verzicht bedarf eines gewissen Vermögens.

Ins Franziskanerkloster will dennoch kaum einer eintreten, im Trend sind Zen-Buddhismus und glutenfreie Pfannkuchen. Längst füllen sich die Regale mit Produkten, die stolz verkünden, was sie alles nicht beinhalten. Heute ist fader Geschmack teuer. Aber was, wenn einem weniger nicht genug ist? Wie weit können wir es treiben mit dem Verzichten? Und wer nimmt uns den ganzen überflüssigen Krempel eigentlich ab?

 

„Verzicht mein Nicht“ ist ein wildes Stück Theaterkunst, das um die Suche nach der letzten Konsequenz, einer echten, endgültigen Entsagung kreist. Wenn die halbherzigen Versuche, das eigene Leben durch Reduktion aufzuwerten, wirklich ernst genommen werden, dann muss es zum Konflikt, vielleicht sogar zur Katastrophe kommen. Das Stück zeichnet den Lebensweg jeder gelebten Utopie nach. Manches ist tragisch, vieles komisch, alles absurd.

 

Es handelt sich um die zweite Kooperation von Malte F. Kettler und Anna Daßler, Konzept, Geschichte und Charaktere sind in enger Zusammenarbeit entstanden. Wie schon bei ihrem 2015 uraufgeführten Stück „SH(AD)OW MEN“ erwartet die Zuschauer ein bunter Mix aus politischem Kommentar, leidenschaftlichem Schauspiel und schrankenlosem Klamauk. Hier und da kann es sogar zu einem musikalischen Intermezzo kommen.

 

Zum Veranstalter:

Stör & Fried Theater ist eine studentische Vereinigung der TU Braunschweig, die sich gleichzeitig der Inszenierung und der Entwicklung zeitgenössischer Dramatik widmet und sich auch sonst in allen Spielarten der thespischen Künste ergeht. Gerade erst hat das große Ensemble von Stör & Fried mit der Aufführung von Pinters „Die Geburtstagsfeier“ seine Auseinandersetzung mit einem Klassiker der modernen Theaterliteratur in der Brunsviga vorgestellt.

Mit „Verzicht Mein Nicht“ bringt die Theatergruppe ihre 10. Produktion auf die Bühne, im 10. Jahr ihres Bestehens. Weitere Infos unter www.suf-theater.de.

 

Zum Autor:

Malte F. Kettler ist 30 Jahre alt. Er lebt und studiert (immer noch) in Braunschweig. Neben dem Theater ist er als Sänger und Bassist in der Band „Deerwood“ aktiv. Weitere Infos unter www.deerwood.eu.

 

Mit: Anna Daßler, Malte F. Kettler, Samir Maudarbocus, Tom Wunram

 

Regie: Jonas Sander

 

Sonntag 31. Juli 2016, 18 Uhr, 2. Vorstellung im Roten Saal Braunschweig

 

Vorbestellungen www.suf-theater.de.

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT --- Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton…

Von: ALEXANDER WALTHER

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑