Drei Männer folgen dem Inserat. Peter, ein alter Freund aus Lilys wilder Studentenzeit. Norbert, der seine geliebte Tochter-Puppe Nora überall mit hinnimmt. Und Egon Zuliewsky, Religionswissenschaftler und Hobbypsychologe. Aber der ist nur auf der Suche nach ein paar Schnäppchen.
Alles will Lily loswerden, Möbel, Erbstücke, Küchengeräte, Kindheitserinnerungen. Beim Kramen in alten Kisten wird immer mehr von Lilys Vergangenheit zu Tage gefördert. Es scheint fast, als hätte sie mehrere Leben gelebt. Und schnell wird klar: Wenn Lily einmal einen Plan gefasst hat, ist es beinahe unmöglich, sie davon wieder abzubringen.
„Verzicht ist Pop“, so singt es Rainald Grebe in seinem Lied „Der Asket“. Verzicht ist im Mainstream angekommen, er wird in allen Spielarten durchexerziert, gilt er doch als letzte Bastion der Radikalität in einer vom Konsum vollständig durchdrungenen Gesellschaft. Eigentum, Arbeit, Bindung – wir verzichten. Längst gilt er als Statussymbol. Bewusster Verzicht bedarf eines gewissen Vermögens.
Ins Franziskanerkloster will dennoch kaum einer eintreten, im Trend sind Zen-Buddhismus und glutenfreie Pfannkuchen. Längst füllen sich die Regale mit Produkten, die stolz verkünden, was sie alles nicht beinhalten. Heute ist fader Geschmack teuer. Aber was, wenn einem weniger nicht genug ist? Wie weit können wir es treiben mit dem Verzichten? Und wer nimmt uns den ganzen überflüssigen Krempel eigentlich ab?
„Verzicht mein Nicht“ ist ein wildes Stück Theaterkunst, das um die Suche nach der letzten Konsequenz, einer echten, endgültigen Entsagung kreist. Wenn die halbherzigen Versuche, das eigene Leben durch Reduktion aufzuwerten, wirklich ernst genommen werden, dann muss es zum Konflikt, vielleicht sogar zur Katastrophe kommen. Das Stück zeichnet den Lebensweg jeder gelebten Utopie nach. Manches ist tragisch, vieles komisch, alles absurd.
Es handelt sich um die zweite Kooperation von Malte F. Kettler und Anna Daßler, Konzept, Geschichte und Charaktere sind in enger Zusammenarbeit entstanden. Wie schon bei ihrem 2015 uraufgeführten Stück „SH(AD)OW MEN“ erwartet die Zuschauer ein bunter Mix aus politischem Kommentar, leidenschaftlichem Schauspiel und schrankenlosem Klamauk. Hier und da kann es sogar zu einem musikalischen Intermezzo kommen.
Zum Veranstalter:
Stör & Fried Theater ist eine studentische Vereinigung der TU Braunschweig, die sich gleichzeitig der Inszenierung und der Entwicklung zeitgenössischer Dramatik widmet und sich auch sonst in allen Spielarten der thespischen Künste ergeht. Gerade erst hat das große Ensemble von Stör & Fried mit der Aufführung von Pinters „Die Geburtstagsfeier“ seine Auseinandersetzung mit einem Klassiker der modernen Theaterliteratur in der Brunsviga vorgestellt.
Mit „Verzicht Mein Nicht“ bringt die Theatergruppe ihre 10. Produktion auf die Bühne, im 10. Jahr ihres Bestehens. Weitere Infos unter www.suf-theater.de.
Zum Autor:
Malte F. Kettler ist 30 Jahre alt. Er lebt und studiert (immer noch) in Braunschweig. Neben dem Theater ist er als Sänger und Bassist in der Band „Deerwood“ aktiv. Weitere Infos unter www.deerwood.eu.
Mit: Anna Daßler, Malte F. Kettler, Samir Maudarbocus, Tom Wunram
Regie: Jonas Sander
Sonntag 31. Juli 2016, 18 Uhr, 2. Vorstellung im Roten Saal Braunschweig
Vorbestellungen www.suf-theater.de.