Und das alte Haus steht mitten in der Stadt, beste Lage, ein sogenanntes „Filetgrundstück“, ein ausgesprochen lukrativer Standort für einen Neubau, eine Beauty-Klinik, beispielsweise ... wenn in dem alten Kasten nicht noch ein paar Altkommunarden hausen würden, ausgestattet mit skandalös günstigen Mietverträgen aus den 50ern und auf Lebenszeit - und leider auch ausgesprochen halsstarrig, was ihre für den Umbau und Teilabriss unabdingbare Umsiedlung angeht. Nun enwickelt sich ein zähes Ringen um den weiteren Werdegang der Immobilie: Der sozialdemokratische Oberbürgermeister versucht mit aller Macht, den Neubau durchzudrücken, möglichst noch vor den nächsten Wahlen; die bürgerliche Oppositionsführerin, die gleichzeitig die Tochter eines der vier verbliebenen Altmieter ist, geriert sich als Bewahrerin und opponiert naturgemäß. Es wird turbulent, als zur Wiedereröffnung der städtischen Seilbahn eine chinesische Besucherdelegation eintrifft sowie ein zu Werbezwecken in die Seilbahn verfrachtetes Flusspferd sich befreit und auf das kostbare Mosaik springt, wo es anschließend von den vier Altmietern in Geiselhaft genommen und liebevoll betreut wird. Mit zunehmender Eskalation werden Räumung und Abriss des Hauses immer wahrscheinlicher, als plötzlich die in den Vereinigen Staaten lebende jüdische Eigentümerin des Grundstücks auftaucht und sich einschaltet - mit überraschendem Ausgang.
Schiefergold ist eine Groteske und stellt die Frage, was uns unserer Städte wert sind. Haben deren Geschichte und Traditionen überhaupt noch eine Zukunft, wenn die nur noch mittels der Entscheidungsvorgaben von Arbeitsplatzerhaltung und Mehrwertschöpfung gestaltet wird? Der ökonomische Druck ist inzwischen das Maß aller Dinge, unter seinem Zwang drohen noch ganz andere Werte über die Wupper zu gehen, als "nur" ein bisschen denkmalsgeschützte Bausubstanz. Ach ja - jede Ähnlichkeit mit allem Möglichen ist in Schiefergold keineswegs rein zufällig.
Die Regisseurin Julia Penner ist gebürtige Wuppertalerin. Nach ihrer Ausbildung an der renommierten
Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" in Berlin hat sie mehrere Jahre als Schauspielerin am Frankfurter Schauspiel und am Theater Konstanz gearbeitet. Seit einiger Zeit ist sie auch als Regisseurin tätig, zuletzt inszenierte sie Der Rosenkrieg am TiC-Theater Cronenberg. Schiefergold ist ihre erste Regiearbeit an den Wuppertaler Bühnen.
Inszenierung: Julia Penner
Bühne und Kostüme: Monika Frenz
Dramaturgie: Oliver Held
Mit: Sina Ebell, Gregor Henze, Holger Kraft, Silvia Munzón López
Die nächsten Vorstellungen sind am 27., 28. und 29. September sowie am 4., 13. und 14. Oktober 2012
im Kleinen Schauspielhaus.